Brendel holt Gold - Kajak-Asse mit Silber und Bronze
Eton (dpa) - Vier Starts, vier Medaillen: Die deutschen Kanuten sind glänzend in die Olympia-Finals gestartet. Gold für Sebastian Brendel, Silber für den Frauen-Vierer und zweimal Bronze für Max Hoff sowie Martin Hollstein und Andreas Ihle stehen nach Tag eins zu Buche.
Mit weichen Beinen und gefesselt von der Magie des Augenblicks nahm Sebastian Brendel auf der Kante eines weißen Gartentisches am Dorney Lake in Eton Platz. Angespornt von der Glücksbotschaft seiner kleinen Tochter Hanna am Morgen war der Europameister zu Olympia-Gold im Canadier über 1000 Meter gepaddelt. Wie im Rausch erlebte er anschließend die Minuten auf dem Podest. „Das ist überwältigend. Man kann sich gar nicht vorstellen, was in mir gerade vorgeht. Die Siegerehrung war atemberaubend“, sagte der Potsdamer.
Bei aller Freude aber vergaß er auch die Team-Kolleginnen nicht. „Was hat denn der Vierer gemacht?“, fragte Brendel. Antwort: Das Paddel-Quartett der Frauen verpasste den fünften Olympiasieg in Serie für das deutsche Großboot und kam als Zweites hinter Ungarn ins Ziel. Während diese Siegesserie riss, beendete Max Hoff eine lange Durststrecke. Mit Bronze im Einer-Kajak über 1000 Meter gewann der Europameister die erste deutsche Olympia-Medaille in dieser Disziplin seit Bronze für den Berliner Andre Wohllebe 1988.
Ebenfalls Dritte wurden die Peking-Olympiasieger Martin Hollstein und Andreas Ihle im Zweier-Kajak und machten den Gewinn von vier Medaillen bei vier Starts für den Deutschen Kanu-Verband (DKV) perfekt. „Es war ein schöner Tag und er war auch erfolgreich“, bilanzierte Chef-Bundestrainer Reiner Kießler
Völlig überwältigt war Sebastian Brendel von seinem Coup. Im Ziel schüttelte der Canadier-Mann ungläubig den Kopf: Olympiasieg - der Pechvogel des Vorjahres ist mit 24 Jahren auf dem vorläufigen Höhepunkt seiner Karriere. Noch bei der WM 2011 hatte ein gebrochenes Paddel seine Titelchancen zerstört, jetzt bezwang der Europameister in Eton die Konkurrenz und gewann das erste Gold bei den Olympischen Spielen von London für die deutschen Kanuten.
Der obligatorische Biss auf die Goldmedaille beseitigte auch Brendels letzte Zweifel: Er ist der erste deutsche Olympiasieger im Einer-Canadier über 1000 Meter seit dem Erfolg von Andreas Dittmer 2000 in Sydney.
Doch Brendels erster Gedanke galt Freundin Romy und der Tochter, die er zuletzt wenig gesehen hatte und die sich per Video bei ihm gemeldet hatte. „Die stecken so viel zurück, gerade in den letzten zwei Jahren“, dankte er seiner Familie. „Ich möchte gerne Zeit mit meiner Tochter verbringen. Das ist viel zu kurz gekommen. Das werde ich jetzt nachholen.“ Als der Schmerz auf den letzten Metern des Gold-Rennens am größten wurde, linderte ihn der Gedanke an die kleine Hanna: „Man muss an irgendwas Schönes denken. Da ist mir meine Tochter gleich eingefallen und die hat mir wahrscheinlich noch mal richtig Kraft gegeben.“
Zuvor hatte Hoff die erste deutsche Kanu-Medaille gewonnen. Mit einem fulminanten Endspurt sicherte sich der Europameister Bronze. „Damit ist einer meiner größten Träume in Erfüllung gegangen“, meinte Hoff, der an diesem Donnerstag mit dem Vierer eine weitere Medaillenchance hat. Sieger wurde der Norweger Eirik Veras Larsen vor Adam van Koeverden aus Kanada.
Wie der Essener fuhren Hollstein und Ihle auf Podestplatz drei. Die Olympiasieger von 2008 mussten sich den Europameistern Rudolf Dombi und Roland Kokeny aus Ungarn vor Fernando Timenta und Emanuel Silva aus Portugal geschlagen geben. „Wir haben die Bronzemedaille gewonnen und sind stolz darauf“, sagte der Neubrandenburger Hollstein. „Wir waren am Ende. Wir sind mit Bronze sehr zufrieden“, ergänzte der Magdeburger Ihle, der anschließend seiner Freundin Tina Dietze im Vierer-Kajak die Daumen drückte.
Weder dies noch der Beistand von Kugelstoßrecke David Storl hatten für Gold gereicht. Carolin Leonhardt, Franziska Weber, Katrin Wagner-Augustin und Dietze holten Silber - und waren etwas geknickt. „Wir haben Silber gewonnen, aber im ersten Moment auch Gold verloren“, erklärte Schlagfrau und Storl-Freundin Leonhardt. „In einer Stunde können wir uns auch über Silber freuen“, sagte Franziska Weber, die mit Partnerin Tina Dietze an diesem Donnerstag im Zweier um Medaillen fährt. „Es war so schön auf dem Steg da unten. Da müssen wir noch mal hin“, schwärmte die Potsdamerin von der Siegerehrung.