Dopingsünder bei Olympia: 2016 soll es verboten werden

London (dpa) - Der Goldmedaillengewinn von Radprofi Alexander Winokurow in London hat die Debatte über ein automatisches Startverbot für frühere Doping-Sünder bei Olympischen Spielen neu entfacht.

„Ich werde den Kampf fortsetzen“, erklärte Colin Moyniham, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees Großbritanniens (BOA). Bei schweren Doping-Vergehen sei er weiterhin für einen lebenslangen Olympia-Ausschluss von Sportbetrügern. Der Kasache Winokurow würde in diese Kategorie fallen: Er war zwei Jahre wegen Fremdblut-Dopings gesperrt.

Der deutsche Chef de Mission plädiert zwar auch für ein hartes Vorgehen im Anti-Doping-Kampf, ist aber gegen einen lebenslangen Bann. „Es widerspricht meinem Rechtsverständnis, dass jemand keine zweite Chance bekommen soll“, meinte Michael Vesper. „Jeder hat eine zweite Chance verdient.“

Hardliner Moyniham musste nach einem Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes (CAS) die Olympia-Sperre auf Lebenszeit aus dem BOA-Regelwerk streichen. Nun muss er zähneknirschend zusehen, wie Sprinter Dwain Chambers und Radfahrer David Millar, beide Briten, sowie zahlreiche andere Athleten mit Doping-Vergangenheit in London antreten dürfen.

Bei den Sommerspielen in Rio de Janeiro 2016 sollen Athleten, die vorher als Doper enttarnt wurden, nicht zugelassen werden. Nachdem das CAS die „Osaka-Regel“ des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), in der die automatische Sperre von Doping-Betrügern für die nächsten Spiele vorgesehen war, gekippt hat, soll es eine Neufassung geben. „Wir arbeiten daran, die Osaka-Regel durch eine ähnliche Regel mit einer anderen Formulierung zu ersetzen“, sagte IOC-Präsident Jacques Rogge. Der Paragraf wird Eingang in den überarbeiteten Welt-Anti-Doping-Kodex finden, der am 1. Januar 2015 in Kraft treten soll.

Das Teilnehmerfeld ehemaliger Leistungsmanipulateure in London ist beachtlich. In der Leichtathletik werden neben Chambers auch Sprint-Kollege Justin Gatlin, der als Wiederholungstäter für vier Jahre gesperrt war, und sein für zwei Jahre verbannter US-Landsmann LaShawn Merritt dabei sein. Der deutsche Sprinter Tobias Unger hat damit ein Problem und kritisiert die Zulassung von Dopern. „Ich kenne keinen, der diese Regelung toll findet“, meinte der deutsche Meister. „Gerade Olympia hat einen Mythos: Da entstehen Legenden und Vorbilder, die Spiele sollen für einen sauberen Sport stehen.“

Bei den Fechtern darf der Italiener Andrea Baldini wieder auf die Planche: 2008 in Peking war er wegen der Einnahme des Diuretikums Furosemid ausgeschlossen worden. Bei den Gewichthebern werden mehr als ein halbes Dutzend ehemals gedopter Athleten an die Hanteln gehen. Im Reitsport ist der Deutsche Christian Ahlmann am Start. Sein Doping-Fall - bei seinem Pferd Cöster war die verbotene Substanz Capsaicin gefunden worden - hatte die olympischen Reiterspiele vor vier Jahren in Hongkong erschüttert. „Wer gedopt hat oder tierschutzwidrige Methoden anwendet, darf davon nicht profitieren und mit der Olympia-Teilnahme belohnt werden“, hatte Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder unlängst kritisiert.

Es sind nicht nur Athleten, die nach Vergehen wieder auf der Olympia-Bühne stehen. Alexander Leipold, dem wegen eines positiven Doping-Befundes 2000 als erstem deutschen Olympiasieger Gold aberkannt wurde, kehrt in London als Bundestrainer Freistil zurück. Nach Verfahrensfehlern war seine Sperre aufgehoben worden. Er darf sich Sieger des olympischen Turniers nennen - nicht Olympiasieger. „Olympia ist Olympia, es war der größte sportliche Erfolg für mich und die bitterste Erfahrung als Athlet überhaupt“, sagte Leipold.