Eine russische Romanze: Vic Wildund und seine Frau Aljona Sawarsina
Der eingebürgerte ehemalige US-Amerikaner Vic Wild und seine Frau Aljona Sawarsina gewinnen Snowboard-Medaillen.
Rosa Khutor. Aus diesem Stoff sind Hollywood-Schnulzen. Selbst Vic Wild und Aljona Sawarsina können es nicht wahrhaben. Beide vergießen abwechselnd Tränen, beide können ihr Glück nicht fassen. In den Stunden zuvor hatten sie nicht nur 6000 enthusiastische Fans im Extreme Park von Rosa Khutor verzückt, sondern ganz Russland. Wild, vor zwei Jahren aus den USA nach Russland übergesiedelt, hat im Snowboard-Parallelslalom Gold gewonnen. Und seine Frau Aljona Bronze. Dass ein Ehepaar an einem Tag Medaillen gewinnt, dürfte bei Olympia einmalig sein.
Nun sollen sie ihr Glück erklären. Wild blickt zurück, erzählt im Spaß, dass er bei der Hochzeit im Juni 2011 nervöser gewesen sei als beim entscheidenden Finallauf am Mittwoch. Und er stellt klar: „Nein, ich bin kein Amerikaner mehr. Ich bin jetzt Russe.“
Warum er überhaupt die Staatsbürgerschaft gewechselt habe? „Ich hatte in Amerika nicht die Unterstützung, die ich brauche. Die Verbände dort machen einen guten Job, aber sie können nicht alle glücklich machen“, gab er sich diplomatisch. Seine Frau, die er 2009 kennengelernt hatte, als sie beide mit dem Weltcup-Zirkus durch die Lande zogen, spricht vom „glücklichsten Tag“ ihrer Karriere. „Wir hatten es nicht immer leicht und sind jetzt für alles belohnt worden.“
Auch wenn vermutlich nur die wenigsten russischen Fans von der Romanze wussten, sie waren hin und weg. Der Snowboardpark wurde am Mittwoch zur Olympischen Partyzone. Minutenlang skandierten die Fans „Russia, Russia“-Sprechchöre und belohnten ihre Helden mit „molodets“-Rufen, was so viel bedeutet wie „gut gemacht“ oder „heldenhaft“.
Die deutschen Starter konnten das nicht auf sich beziehen. Mit hohen Erwartungen gestartet, ließen sie mit einer Ausnahme die Köpfe hängen. Weltmeisterin Isabella Laböck haderte mit ihrer frühen Startnummer und der eisigen Piste („Ich fühlte mich wie auf rohen Eiern“). Sie schied als 18. der Qualifikation ebenso aus wie Anke Karstens (25.) und Amelie Kober (30.), die sich zu allem Übel noch einen Kapselanriss im rechten Ellbogen zuzog. Selina Jörg aus Sonthofen, die nach Rang vier von Vancouver noch eine Rechnung mit Olympia offen hatte, schaffte es als Einzige ins Achtelfinale, stürzte dort aber und musste sich mit Rang 13 begnügen.
Für einen Lichtblick aus deutscher Sicht sorgte Patrick Bussler. Der 29-Jährige aus Aschheim verpasste als Vierter nur knapp eine Medaille, war aber nicht traurig: „Ich freue mich auf jeden Fall. Emotional ist das hier wie eine Goldmedaille bei einer Weltmeisterschaft. Unglaublich, was hier für eine tolle Atmosphäre herrscht.“