Hamburgs nordisches Konzept - Pferdeäpfel in Sanssouci
Berlin (dpa) - Dressurpferde vor der malerischen Kulisse des Potsdamer Parkes Sanssouci, Segel-Regatten auf dem Olympia-Kurs von Kiel oder Wildwasser-Kanu vor den Toren Leipzigs: In ihren Olympia-Konzepten setzen die beiden deutschen Bewerber für 2024 oder 2028 stark auf die Ressourcen des Umlands.
Erst vor drei Monaten hatte das Internationale Olympische Komitee (IOC) mit seinen Reformen die Tür für nachhaltige und kostengünstigere Spiele ganz weit aufgestoßen. Dazu gehört, dass künftig auch weiter entfernte Standorte ohne Probleme in die olympischen Gedankenspiele einbezogen werden können.
Sowohl Berlin als auch Hamburg hoffen, am 21. März von der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) zur deutschen Bewerberstadt gekürt zu werden. Dabei setzen beide Konkurrenten auf Unterstützung aus jeweils vier angrenzenden Bundesländern, in denen nach den bisherigen Planungen der olympische Geist entfacht werden soll.
Eine gemeinsame Bewerbung von Hamburg und Berlin kommt auch nach der Reform-Agenda indes weiterhin nicht infrage. „Eine solche Doppelbewerbung ist nach den Statuten des IOC nach wie vor nicht möglich“, sagte DOSB-Vorstandsvorsitzender Michael Vesper. „Es geht nur darum, hier mehr Flexibilität zu zeigen und bestimmte Wettbewerbe auslagern zu können“, interpretierte Vesper die IOC-Beschlüsse.
Eine geniale Kulisse inmitten des imposanten Parks Sanssouci von Potsdam könnte zu einem Kernstück der Bewerbung Berlins avancieren: Traversalen, Piaffen oder Galopp-Pirouetten der eleganten Dressur-Pferde könnten vor dem historischen Neuen Palais eine extravagante Aufwertung erfahren. Doch der Park ist Unesco-Weltkulturerbe: ein sensibler Ort mit Baudenkmalen und unter Schutz stehenden altehrwürdigen Gartenanlagen. Somit stehen die Gegner dieses olympischen Experiments schon auf den Barrikaden.
Große Sorgen gibt es um möglicherweise von Pferdehufen zertrampelte Wege und historische Flächen. Logistische Fragen, wie der An- und Abtransport von Futter oder die Entsorgung der Pferdeäpfel sind völlig ungeklärt. „Praktisch wäre die Austragung des olympischen Dressurreitens im Park mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden“, befürchtet der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Hartmut Dorgerloh. „Ich würde mir mal wünschen, dass Leute verliebt sind in das Machbare und nicht als Erstes sehen: Was könnte alles in die Hose gehen“, konterte Klaus Böger, der Präsident des Berliner Landessportbundes.
Gleichfalls im Land Brandenburg plant Berlin die Austragung der olympischen Ruder- und Kanu-Rennen sowie der Golf-Wettbewerbe. Der idyllisch gelegene Beetzsee bei Brandenburg/Havel könnte durch den olympischen Massen-Tourismus allerdings an Attraktivität einbüßen.
Sogar über 200 Kilometer entfernt vom Zentrum der Spiele könnten olympische Medaillen vergeben werden. Für die Segler kommt das Revier in Rostock-Warnemünde infrage. Die spektakulären Kanu-Slalom-Rennen sieht das Berliner Konzept auf der Anlage in Leipzig-Markkleeberg vor. Olympische Fußball-Spiele könnten nach Berliner Vorstellungen auch in Leipzig, Dresden, Cottbus oder Magdeburg ausgetragen werden.
In ähnliche Richtungen gehen die Gedankenspiele der Hamburger Olympia-Macher. Handball-Vorrunden könnten in den Hochburgen Kiel oder Flensburg angesetzt werden. Für Volleyball und Basketball sollen Hallen in Bremen, Rostock und Schwerin genutzt werden.
Als besonderes Standort-Bonbon sieht das auf ganz Norddeutschland ausgedehnte Konzept der Hansestadt das Vielseitigkeitsreiten im niedersächsischen Luhmühlen vor. Der nur 48 Kilometer von Hamburg entfernte traditionsreiche Turnierplatz ist seit Jahren beliebter Gastgeber für Kultur-Festivals und Mittelalter-Spektakel. Die Sportschützen könnten in Garlstorf in Stellung gehen, die Golfer auf Gut Kaden abschlagen. Für die Segelwettkämpfe bieten sich aus Hamburger Sicht die Ostseestädte Kiel, Lübeck und Rostock-Warnemünde oder Cuxhaven an.