Hörmann fordert Umdenken bei Olympia-Vergabe

Düsseldorf (dpa) - Der neue DOSB-Präsident Alfons Hörmann hat mit Aussagen zu brisanten Themen sein sportpolitisches Profil geschärft. So fordert der 53 Jahre alte Unternehmer ein Umdenken bei der zukünftigen Vergabe von Olympischen Spielen.

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„Im Internationalen Olympischen Komitee muss nachgedacht werden, wie werden künftig die Spiele vergeben“, sagte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes im „ZDF-Sportstudio“ in Bezug auf die Winterspiele in Sotschi. Russland hat für das Großereignis am Schwarzen Meer rund 40 Milliarden Euro investiert. „Es darf nicht nur dahin gehen, wo das Geld vorhanden ist. Das ist uneingeschränkt unsere Sichtweise“, sagte Hörmann.

Die Kritik an der Vergabe der Winterspiele nach Russland und der Fußball-WM nach Katar haben seiner Meinung nach Einfluss auf die am Bürgerwillen gescheiterte Olympia-Bewerbung Münchens gehabt. „Je länger die Niederlage zurückliegt, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass das die entscheidenden Kriterien waren“, sagte Hörmann in einem Interview des Berliner „Tagesspiegel“.

Denn bis heute habe niemand „große Angriffspunkte“ gegen die Münchner Bewerbung formuliert. „Die Gegner haben sportliche Großveranstaltungen gekonnt miteinander vermengt. Und plötzlich ist Katar auf den Tegernsee und Sotschi auf den Chiemsee transferiert worden.“

Den Sportlern des deutschen Olympia-Teams für die Sotschi-Spiele vom 7. bis 24. Februar empfiehlt Hörmann, sich vor allem auf die Wettbewerbe zu konzentrieren, ohne sie in ihrer Meinungsfreiheit zu Themen wie Homosexuellen-Gesetz oder Umweltschutz einschränken zu wollen. „Selbstverständlich bleibt es jedem Athleten überlassen, wie in den sonstigen Weltcup-Szenarien auch“, sagte er im ZDF. „Ich denke jedoch, wer sich während der Spiele nicht hundert Prozent auf die sportliche Aufgabe konzentriert, wird schlichtweg nicht den Lohn von vier Jahren Training erfahren.“ Dies schließe „in keiner Weise aus, dass jeder die Dinge anbringt und adressiert, die ihm wichtig sind“.

Ein Anliegen ist Hörmann, dass Eisschnellläuferin Claudia Pechstein wieder in die Sportförderung aufgenommen wird. „Der DOSB hat ein Vorschlagsrecht, aber die Entscheidung liegt beim Bundesinnenministerium. Nach den Olympischen Spielen werden wir darüber noch einmal ins Gespräch einsteigen. Wir setzen uns für eine faire Lösung ein“, sagte der DOSB-Chef dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“.

Die Internationale Eislauf-Union (ISU) hatte die fünfmalige Olympiasiegerin von Februar 2009 bis Februar 2011 wegen erhöhter Blutwerte gesperrt. Pechstein verlor deshalb ihren Status als Mitglied der Sportfördergruppe bei der Bundespolizei. Pechstein ist die erste deutsche Athletin, die mittels eines indirekten Beweises gesperrt wurde. Gutachter der ISU hatten einen erhöhten Retikulozytenwert als Indiz für Blutdoping gewertet. „Der Fall Claudia Pechstein ist sicher einer der komplexesten der gesamten Sportgeschichte“, sagte Hörmann.

Die deutschen Sportler sieht der DOSB drei Wochen vor den Winterspielen auf Erfolgskurs. „Die Ergebnisse der letzten Tage bestätigen unsere ambitionierte Zielsetzung für Sotschi. Die Form der Mannschaft zeigt in die richtige Richtung und deutet auf eine gute Vorbereitung auf den Saisonhöhepunkt hin“, befand der DOSB-Chef. Allerdings hält er es für „sehr ambitioniert“, das Ergebnis von Vancouver zu wiederholen.“ 2010 hatte das deutsche Team 30 Medaillen geholt. „Wenn man aber Chance und Risiko abwägt, halte ich die Chance für weit geringer als das Risiko, dass es ein paar Medaillen weniger werden“, so Hörmann im „Tagesspiegel“.