Historische Entscheidung IOC will Sommerspiele 2024 und 2028 zusammen vergeben

Lausanne (dpa) - Paris und Los Angeles können olympische Geschichte schreiben, wenn sie sich einig sind. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) will am 13. September in der peruanischen Hauptstadt Lima sowohl die Sommerspiele 2024 als auch 2028 vergeben.

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Kandidaten für die Doppelvergabe sind die übrig gebliebenen Bewerber für 2024: die französische Hauptstadt und die Metropole an der US-Westküste. Nach dem einstimmigen Grundsatzbeschluss der Vollversammlung zeigten sich die Bürgermeister von Paris und Los Angeles, Anne Hidalgo und Eric Garcetti, zuversichtlich für eine Einigung mit dem IOC.

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Beide sind befreundet und hatten sich nach der Entscheidung demonstrativ Hände haltend auf der Bühne gezeigt und bedankt. „Wir bewegen uns vom Wettbewerb zur Zusammenarbeit“, sagte Garcetti. Hidalgo ergänzte: „Jetzt können wir partnerschaftlich zusammenarbeiten. Wir wollen die Spiele wirklich haben.“

IOC-Präsident Thomas Bach sieht gute Chancen für ein rasches Abkommen. „Wir könnten es schon im August schaffen, wenn alles gut läuft“, sagte er in Lausanne. Verhandlungen könnten sofort beginnen. Eine Kommission aus IOC, Paris und Los Angeles soll bis zur Session in Lima den Rechtsrahmen klären.

Eine Lösung wird auch vom Geld abhängen. Dem Ausrichter 2024 winken vermutlich mindestens eine Milliarde Dollar Zuschuss des IOC. Gegebenenfalls ist für die 2028-Macher noch ein bisschen mehr drin.

Bach hatte die Vollversammlung regelrecht eingeschworen. „Das ist eine goldene Gelegenheit. Kaum etwas Besseres ist vorstellbar“, sagte er vor den IOC-Mitgliedern. „Zusammen können wir eine Win-Win-Win-Situation schaffen - für LA und die USA, für Paris und Frankreich, für das IOC. Nutzen wir die Gelegenheit.“ Niemand scherte aus. Von den aktuell 95 IOC-Mitgliedern waren 83 in Lausanne.

Dass das IOC nun Planungssicherheit für elf Jahre hat, freut Bach besonders. Denn diese „goldene Gelegenheit“ ist auch in jeder Hinsicht passend. Angesichts der nach jetzigen Plänen vertretbaren Kosten und der großen Begeisterung der Bürger wollte das IOC keinen der Top-Kandidaten verprellen. Es ging aber auch darum, im eigenen Interesse langfristig für politische und finanzielle Sicherheit beim Milliarden-Geschäft Olympia zu sorgen. Nicht umsonst erinnerte der deutsche Fecht-Olympiasieger von 1976 daran, dass die finanzielle Lage des IOC „stark und stabil“ ist. So soll es bleiben.

Bach hatte sich seit dem vergangenen Dezember für eine Doppelvergabe stark gemacht. Die wenigen Bedenken und Einwände, die es dann aus den Reihen der Session in den Tagungshallen des Swiss Tech Convention Center gab, konnte der australische Vize-Präsident John Coates zumeist ausräumen. Und wenn die Diskussion ein wenig aus dem Ruder lief, griff Bach selbst ein.

Es war spürbar, dass Bach einen Erfolg will. Er erinnerte die IOC-Mitglieder daran, dass vor allem in Westeuropa der Rückhalt für die olympische Idee dramatisch geschwunden sei. Das IOC müsse die Zeit nutzen, schon für die Vergabe der Winterspiele 2026 nach einem neuen, kürzeren Vergabeverfahren zu suchen. Da gab es dann auch prompt Zustimmung.

Im Westen wenden sich die Menschen nicht ohne Grund ab. Da gab es abschreckenden Gigantismus wie bei den Winterspielen im russischen Sotschi 2014: Russland soll schätzungsweise 50 Milliarden Euro in die Spiele gepumpt haben. Schlimmerweise sollen auch noch die russischen Sportler systematisch gedopt haben. Auch wenn in Rio de Janeiro 2016 versucht wurde, die Ausgaben zu begrenzen, gammeln doch heute die Wettkampfstätten in einer Stadt vor sich hin, die mit der Pleite kämpft.

Tokio, Gastgeber 2020, musste vom IOC schon mehrfach zurückgepfiffen werden, weil die Kosten drohen, durch die Decke zu schießen. Und es ist auch nicht im Sinne der olympischen Idee und gut fürs Image, wenn der Verdacht im Raum steht, bei der Vergabe an Rio und Tokio sei Schmiergeld geflossen. Die französische Justiz ermittelt in den Reihen des IOC.

Ein Blick zurück zeigt die Folgen, wie diese Faktoren zusammenspielen. Fünf Städte waren angetreten, 2024 Gastgeber zu sein: Boston, Hamburg, Rom und zuletzt Budapest stiegen wieder aus. Grund war fast immer das Misstrauen der Bürger in das Versprechen des IOC, Olympia werde bürgernah und nachhaltig.

Dass der Deal wohl klappt, war immer wieder zwischen den Zeilen herauszuhören. Garcetti warnte ähnlich wie Bach: „Es wird immer schwieriger, Städte zu überzeugen, ob es nun Paris, Los Angeles oder irgendeine andere amerikanische Stadt ist, ernsthaft in diesen Prozess einzusteigen, wenn einer von uns (Paris oder Los Angeles) jetzt abgelehnt wird.“ New York und Chicago waren 2012 beziehungsweise 2016 gescheitert. Nicht zu vergessen: Die teuersten Fernsehrechte liegen beim US-Sender NBC, und einige Top-Sponsoren sind US-Konzerne wie Coca Cola.

Angesichts des Beschlusses und der berechtigten Aussicht auf Erfolg, war manch Leidenschaft und Begeisterung bei den Präsentationen vielleicht etwas übertrieben. Egal, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron brachte seinen nicht zu knappen Charme auf die Bühne: „Ich bin hier, um diese Botschaft zu übermitteln: Die Franzosen sind bereit, die Spiele willkommen zu heißen.“

Die französische Hauptstadt war mit Bewerbungen für 2008 und 2012 gescheitert. 1900 und 1924 war Paris schon zwei Mal Gastgeber. Nun hofft die Metropole, höchst symbolträchtig nach 100 Jahren wieder zum Zuge zu kommen.

Ohne Staatschef vor Ort musste LA auskommen. Immerhin via Twitter schaltete sich US-Präsident Donald Trump ein. Er bemüht sich nach eigenen Worten intensiv um die Spiele 2024 in Los Angeles, und man arbeite hart daran, die Spiele in die USA zu holen. 2028 wäre Trump nicht mehr im Amt.

Vor Ort fasste der gewandte, smarte LA-Bürgermeister die Vorzüge seiner Stadt so zusammen: „Wir haben die Infrastruktur, die Liebe und die Vision.“ Los Angeles habe als Gastgeber von 1932 und 1984 ein großes olympisches Erbe. Casey Wasserman, Chef des Bewerbungskomitees, ergänzte: „Bei LA 2024 geht es nicht ums Geld oder Ego oder um amerikanischen Stolz oder ums Gewinnen oder Verlieren.“ Es gehe „um die künftige Ausrichtung der olympischen Bewegung“. Was sind da schon vier Jahre Warten.