Kraftakt mit Silber belohnt
Ole Bischof verliert das Finale gegen Kim-Jae Bum aus Südkorea, bietet aber fünf Kämpfe auf höchstem Niveau.
London. Judoka Ole Bischof lacht auf dem Weg zur Siegerehrung. Er lacht, als ihm die Silbermedaille umgehängt wird, er lacht und lacht vor lauter Glück. Er hat das olympische Finale in London gegen den Südkoreaner Kim-Jae Bum in der ExCel-Arena verloren, vier Jahre nachdem er es in Peking gegen denselben Gegner gewonnen hatte. Doch Ole Bischof ist am Ziel. Trotz Silber. „Ich weiß genau, was ihm durch den Kopf geht. Und ich kann mir jetzt vorstellen, wie es ist, vier Jahre Vize-Champion zu sein“, sagt Ole Bischof über Kim-Jae Bum. Silber nach Gold, wie sein großer Lehrmeister Frank Wieneke 1984 in Los Angeles und 1988 in Seoul.
„Ich hatte keine Chance. Er hat auf alles eine Antwort gehabt“, erzählt Bischof. Wenige Minuten zuvor hat er den Koreaner herzlich umarmt, bevor der in Tränen ausbricht. Fünf Kämpfe auf allerhöchstem Niveau, der 32 Jahre alte Reutlinger hatte alles gegeben, alles eingesetzt. Und konnte deshalb glücklich sein über Silber. „Ein ganz großer Athlet“, sagt Peter Frese, Präsident des Deutschen Judo-Bundes, ebenfalls mit Tränen in den Augen.
Schon früh vor dem Finale hatten beide in der Wartezone der Arena nebeneinander gestanden. Spannung aufbauen und locker bleiben, kein Blick für den anderen. Kim-Jae Bum ist der Weltmeister der beiden vergangenen Jahre, der Koreaner ist die absolute Nummer eins in der Klasse bis 81 Kilogramm. Und am Ende des Kampfes umarmen sie sich. Olympische Momente. Sagt auch Ole Bischof. „Das unterscheidet Olympia von allem anderen. Diese Emotionen zu spüren, ich wollte das unbedingt noch einmal haben. Hätte ich Gold gewonnen, wäre ich in die Themse gesprungen.“ Er war am Ende seiner Kräfte angelangt. Ob es das Ende seiner Karriere ist, wird er noch entscheiden. Es ist wahrscheinlich.
Schon das Halbfinale war ein unglaublicher Kraftakt gewesen und endete nach Verlängerung und einstimmigem Kampfrichterentscheid. „Ich wollte ins Finale, das war mein Ziel. Dafür habe ich härter gearbeitet als jemals zuvor“, sagt Ole Bischof. Mit dem US-Amerikaner Travis Stevens, Klubkollege von Bischof beim deutschen Mannschaftsmeister TSV Abensberg, lieferte er sich einen Kampf von höchster Aggressivität. Sie standen sich Nase an Nase gegenüber — und gaben sich die Hand danach.
Stevens musste zweimal verbunden werden, zwei Tapes bedeckten nach Griff- und Risswunden sein Gesicht. Ein Kampf auf allerhöchstem Niveau mit einem glücklichen Ende für den Reutlinger. Stevens verließen danach alle Kräfte, er verlor das kleine Finale. Und auch Ole Bischof hatte gegen den Koreaner nichts mehr zuzusetzen.
„Ein großartiges Finale mit einem verdienten Sieger“, sagt Cheftrainer Detlef Ultsch, der einst erster deutscher Judo-Weltmeister war. Aber auch ihn hatte das Halbfinale erschüttert. „Ein sensationeller Kampf zweier Hitzköpfe. Dass sie sich nach dieser emotionalen Auseinandersetzung die Hand gegeben haben, fand ich einfach nur großartig.“