Nur kein „Olympia-Friedhof“ - Putin hofft auf Zukunft
Sotschi (dpa) - Die Zukunft der für Milliardensummen gebauten Olympia-Anlagen in Sotschi steht in den Sternen. Kremlchef Wladimir Putin hat als Gastgeber der Reißbrett-Spiele seinen Gefolgsleuten aufgegeben, das weltweite Interesse an Olympia umzumünzen in einen ganzjährigen Touristenboom an der Küste.
Zwar wird im Olympia-Park erstmals im Oktober und zunächst für sieben Jahre ein Formel-1-Rennen ausgetragen. Doch, ob die vielen anderen Pläne für die Sportanlagen aufgehen, ist ungewiss. Sotschi bleibt zumindest auch nach Olympia vorerst im Fokus der Weltöffentlichkeit. An der palmenreichen Küste in den Subtropen empfängt „Zar“ Putin im Juni zu einem EU- und zu einem G8-Gipfel Staatenlenker wie US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Einen Olympia-Besuch hatten sie sich geklemmt. Aber ob die weiter von extremen Sicherheitsvorkehrungen begleitete Sotschi-Show am Ende mehr Touristen anlockt, bleibt fraglich.
Um zwei Millionen auf sechs Millionen Urlauber im Jahr will der Kurort die Zahlen steigern. Die Preise hier liegen aber deutlich über dem international Üblichen - bei einem Service oft noch wie zu Sowjetzeiten, als damals die Kommunisten das Sagen hatten. Deren heutiger Chef Gennadi Sjuganow schlägt vor, aus Sotschi ein neues großes Ferienlager zu machen - wie einst Artek auf der Schwarzmeerhalbinsel Krim.
Bezahlbarer Kinder- und Familienurlaub - so stellt sich auch Putin die Zukunft vor. Schroff wies er deshalb Vorschläge zurück, aus den Olympia-Anlagen in den Bergen ein Glücksspielzentrum zu machen. Er hatte extra landesweit alle Kasinos schließen lassen, um die Spielsucht zu bekämpfen.
Er zeigte immerhin Verständnis dafür, dass Geldgeber möglichst rasch die Rendite für ihre Investitionen kassieren wollen. „Aber die Glücksspielzonen ziehen kriminelles Klientel an - und nicht nur das“, sagte Putin am Rande der Spiele. Er meinte, dass das „eigenwillige Publikum“ Familienurlauber abschrecken könnte. Viele Menschen in der Region befürchten, dass viele Olympia-Hotels nach den vielen Negativ-Schlagzeilen um Baupfusch leer stehen könnten. Allein die Zahl der Hotelzimmer in Sotschi habe sich fast verdoppelt auf mehr als 40 000, teilte die Stadt mit.
„Wir werden verdienen und weiter Geld ausgeben für die Erhaltung der Anlagen“, betonte der Gouverneur des Gebiets Krasnodar, Alexander Tkatschjow. „Von Anfang an stand die Aufgabe, keinen Olympia-Friedhof zu bauen, sondern eine Sportstadt, die auf der Landkarte bemerkt wird“, meinte der Gefolgsmann Putins. Das Fischt-Stadion etwa, gebaut für die Olympia-Eröffnung und Schlusszeremonie, werde künftig als Fußball- und Konzertarena genutzt.
Das gigantische Medienzentrum MPC soll sich bald in das größte Einkaufs- und Vergnügungszentrum an der Schwarzmeerküste verwandeln. Für den Weiterbetrieb der Bolschoi-Eisarena werde eine eigene Eishockeymannschaft mit dem Namen Sotschinskije Leopardy - Sotschi-Leoparden gegründet. Die Tiere hat Putin hier im Kaukasus wieder ansiedeln lassen.
Der Schajba-Palast, bei Olympia genutzt für Eishockey, werde zu einem Kindersport- und Erlebniszentrum, sagte Tkatschjow. Eine Business-Schule beziehe die Räume des Olympia-Organisationskomitees. Zwei Trainings-Eisarenen würden ab- und an anderer Stelle aufgebaut. Um die Infrastruktur - die neuen Straßen mit Tunnels und Bahnschienen - kümmere sich die öffentliche Hand, führte der Gouverneur aus. Und etwa 50 Prozent der Anlagen werde an Unternehmen übertragen.
Die Moskauer Führung hat nach den Olympia-Rekordausgaben von 37,5 Milliarden Euro klargemacht, dass es nun kein Geld mehr gebe. „Bei aller Liebe zu Sotschi - jetzt muss sich die Stadt mit anderen Mitteln entwickeln“, sagte Putin. Alles hänge nun von einem erfolgreichen Management ab. Putins Sprecher Dmitri Peskow räumte ein, dass das alles nicht einfach werde und Sotschi Kraft und Geduld brauche, um von Olympia nachhaltig zu zehren. „Auf einer Seite kann Olympia helfen, auf der anderen Seite können die Spiele auch ganz ohne irgendeinen Effekt bleiben“, meinte Peskow.