Schwuler Shorttracker würde Putin gerne kennenlernen
London (dpa) - Blake Skjellerup will in Sotschi einfach nur er selbst sein. Doch genau das wird für den Olympia-Teilnehmer in Russland zum Problem. Blake Skjellerup ist schwul. Aber das darf der Shorttracker aus Neuseeland in Sotschi nicht zeigen.
Die russischen Gesetze verbieten es ihm.
Der 28-Jährige will das nicht hinnehmen. Und so ist nicht nur die ersehnte Medaille über die 500-Meter-Distanz seine Mission, sondern auch der Protest gegen die Anti-Homosexuellen-Gesetze der russischen Regierung um Präsident Wladimir Putin.
Wer sich im Land des Olympia-Gastgebers in Gegenwart von Minderjährigen über gleichgeschlechtliche Lebensweisen äußert, kann im Gefängnis landen. Zudem werden in Russland keine Events der Lesben und Schwulen-Bewegung (LGBT) geduldet. „In Russland gibt es demnach praktisch nur eine sexuelle Orientierung. Das ist Unterdrückung und entspricht nicht den Menschenrechten“, sagte Skjellerup der Nachrichtenagentur dpa.
Der Sportler will sich davon nicht beeindrucken lassen. „Ich werde auch in Russland zu mir stehen und mich nicht verstecken. Mein Ziel ist es, dort die LGBT-Bewegung zu ermutigen und Unterstützung anzubieten“, meinte Skjellerup. „Wenn ich verhaftet werde, weil ich bin, wie ich bin, dann ist es eben so.“ Gern würde er auch Putin persönlich die Meinung sagen. „Ich würde ihm sagen, wie sehr ich nicht mit den Gesetzen übereinstimme, und dass er als Präsident von Russland Verantwortung für alle Menschen aus seinem Land hat“, erklärte Skjellerup.
Der Sportler hatte sein Coming-Out nach den Spielen 2010 in Vancouver. Inspiriert wurde er vom schwulen australischen Wasserspringer Matthew Mitcham, der 2008 in Peking Gold holte.
Die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), die Spiele nach Russland zu vergeben, ist für Skjellerup zwiespältig. „Das IOC muss die Einhaltung der Menschenrechte in einem Land prüfen, in welches sie Spiele vergibt. Auf der anderen Seite gibt uns das die Möglichkeit, auf diese Diskriminierung hinzuweisen und zu sagen: Das ist falsch. Man sollte nicht unterschätzen, welche Wirkung das haben kann“, erklärt Skjellerup. IOC-Präsident Thomas Bach bekräftigte in Rom, Putin habe ihm versichert, dass es bei Olympia keinerlei Diskriminierung geben werden.
Das will Skjellerup testen. Der Neuseeländer will bei den Spielen einen Pin in Regenbogenfarben tragen. Das Symbol der LGBT-Bewegung steht für Vielfalt. Auch das ist verboten. „Für mich ist es wichtig, meine Identität zu zeigen. Ich bin stolz darauf“, sagt der Sportler.
An einen Boykott der Spiele hat der Eisschnellläufer nie gedacht. Er meint, es wäre das falsche Zeichen und erinnert an Jesse Owens in Berlin 1936 oder an die „Black Power Geste“ der US-Sprinter Tommie Smith und John Carlos 1968. „Wer sich versteckt, ist nicht sichtbar. Ich hoffe, dass die Menschen in Russland meine Geschichte hören. Auch wenn es schwer ist und Gewalt und Gefängnis drohen, müssen sie aufstehen, sich wehren und kämpfen. Sie brauchen Aufmerksamkeit. Nur dann wird sich etwas tun. Dazu will ich ermutigen. Ich glaube an die Spiele und daran, dass sie die Kraft haben, etwas zu verändern.“
Am vergangenen Wochenende hat sich Skjellerup während eines Aufenthalts beim Weltcup im russischen Kolomna im Untergrund mit Aktivisten getroffen. „Ich konnte spüren, dass sie Angst haben und unterdrückt werden. Die Gesetze führen zu einer höheren Gewalt gegen Lesben und Schwule.“ Sorgen um seine Sicherheit hatte er jedoch nicht. Auch in Sotschi schließt er das aus. „Das Letzte, was die Russen wollen, wäre ein Zwischenfall“, meint er. Das Nationale Olympische Komitee Neuseelands werde allerdings trotzdem einen Sicherheitsdienst nach Sotschi entsenden.
Skjellerup soll nichts davon abhalten, seine Geschichte zu erzählen. „Ich bin Eisschnellläufer. Und ich bin schwul. Ich werde zu den Spielen in ein Land reisen, in dem es verboten ist, das zu sagen. Aber das wird mich nicht dazu bringen, mich zu verstecken.“ Er will nur er selbst sein und um eine Medaille kämpfen.