Nach Votum für Paris Sportstadt ohne Olympia: Hamburg blickt nur kurz nach Lima
Hamburg (dpa) - Nur ein kurzer wehmütiger Blick geht am Mittwoch von Hamburg nach Lima, wenn das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Verträge mit Olympia-Ausrichter Paris unterzeichnet.
„Wir haben mit dem Thema abgeschlossen. Es gibt viele neue Aufgaben, um die wir uns kümmern“, sagt Sportstaatsrat Christoph Holstein. Eigentlich wollten die Hamburger die Spiele 2024, doch ein Referendum im November 2015 stoppte alle Pläne und Projekte. 51,6 Prozent der rund 650 000 Teilnehmer waren dagegen. „Viele haben damals gefragt: Ist das der Tod der Sportstadt Hamburg?“, berichtet Holstein und gibt selbst die Antwort: „Nein. Wir gehen nicht in den Schmollwinkel.“
Nicht wenige Beobachter im In- und Ausland glauben, Hamburg hätte die Spiele eh nicht bekommen. Die Bilder von den Krawallen beim G20-Treffen in der Hansestadt vor gut acht Wochen stimmten nachdenklich. Es mehrten sich Bedenken, ob die Elbmetropole das Großereignis Olympia hätte stemmen können.
„Unser Konzept war schon geil, und ich glaube, dass in Deutschland ein tolles Olympia-Publikum gewesen wäre“, meint Ingrid Unkelbach, Leiterin des Olympia-Stützpunkts Hamburg/Schleswig-Holstein. Sie gibt aber zu bedenken, dass die Stadt jetzt schon an ihre Grenzen stoße und die Kosten allein bis zum Referendum hoch waren: „In Lima zu verlieren, wäre viel teurer geworden. Wenn man mit Abstand drauf schaut, ist das alles ein Haufen Holz.“ Rund zwölf Millionen Euro soll die Bewerbung gekostet haben.
Seit dem Scheitern halten sich die Sponsoren im Norden zurück. Michael Stich forderte die Wirtschaft auf, sich stärker zu engagieren: „Es gibt nichts auf der Welt, das Menschen mehr zusammenhält als der Sport. Denn beim Anfeuern auch bei Olympia spielt es eben keine Rolle, wer sie sind und woher sie kommen“, wird der Wimbledonsieger im „Hamburger Abendblatt“ zitiert. Für ihn sei die gescheiterte Bewerbung eine vertane Chance. Er weiß, wovon er redet: Als Direktor des Rothenbaum-Tennisturniers muss er ohne Hauptsponsor auskommen.
Die Unterstützung von der Stadt fällt bei den diversen Großveranstaltungen unterschiedlich aus. Events wie Triathlon, Ironman, Marathon, Spring- und Dressurderby, Galopp-Derby, Cyclassics sowie Beachvolleyball-Masters bestehen nebeneinander. Im Zuge der Olympia-Bewerbung wurde die Box-WM im August einmalig in die Hansestadt geholt und mit rund 4,3 Millionen Euro gefördert. Ein Zuschauermagnet war die achttägige Veranstaltung aber nicht.
Ganz anders das Welttour-Finale im Beachvolleyball, wo besonders wegen der Anziehungskraft der Olympiasiegerinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst die Anlage am Rothenbaum wegen Überfüllung geschlossen werden musste. Der Eintritt war traditionell frei. „Die Sportler waren völlig geflasht von Hamburg und der Fairness des Publikums“, sagt Turnierdirektor Frank Mackerodt.
Was einst für Olympia geplant wurde, ist nicht grundsätzlich in der Tonne gelandet. „Wir haben 30 Projekte in den Masterplan Active City übernommen“, sagt Holstein. Das betrifft die Modernisierung von Schulsporthallen, den Neubau barrierefreier Hallen, den Ausbau der Regattastrecke in Allermöhe und den Neubau einer Judo-Halle. 50 Millionen Euro werden bis 2024 investiert.
Dennoch bewerten nicht wenige die geplatzten Olympia-Pläne als verpasste Chance. „Wir hätten wunderbare Sportstätten bekommen“, sagt Jürgen Mantell wehmütig. Der Präsident des Hamburger Sportbundes bezweifelt den Sinn von Referenden bei komplexen Vorgängen, die vom Einzelnen nicht in allen Details durchschaut werden können.
Das Olympia-Aus ist zudem ein schwerer Schlag für die Stadtentwicklung. Was binnen sieben Jahren aus dem Boden gestampft worden wäre, dauert jetzt 20 bis 30 Jahre. Das olympische Dorf auf der Elbinsel Kleiner Grasbrook, das zum Gebiet mit 8000 Miet-, Eigentums- und öffentlich geförderten Wohnungen werden sollte, wird es nie geben. Ohne Olympia-Geld ist das nicht machbar.