Teamarzt: Zustand von Kanu-Trainer Henze weiter kritisch
Rio de Janeiro (dpa) - Kanu-Slalom-Trainer Stefan Henze schwebt nach seinem schweren Unfall bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro weiter in Lebensgefahr.
In den vergangenen zwölf Stunden habe sich der Zustand des 35-Jährigen nicht verändert, sagte der deutsche Olympia-Chefarzt Professor Bernd Wolfarth am Samstagmorgen. „Es ist eine sehr, sehr schwere Verletzung, ein lebensbedrohlicher Zustand, das muss man so sagen.“ Henze hatte bei dem Unfall in einem Taxi am Vortag ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten.
Wolfarth lobte ausdrücklich die Rettungskette, die „extrem schnell“ geklappt habe. „Er wurde sofort ins nächstgelegene Krankenhaus gebracht, wurde dort stabilisiert, komplett durchuntersucht, auch in einem zeitlichen Rahmen, wie wir das in Deutschland wahrscheinlich nicht viel anders realisieren konnten“, sagte Wolfarth.
Das Ganze sei so schnell gegangen, dass er und sein Stellvertreter Caspar Grimm, ein erfahrener Unfallchirurg, gleich direkt in das Spezialkrankenhaus mit der neurochirurgischen Abteilung gefahren seien. Grimm stehe in ständigem Kontakt mit der Klinik. „Wir müssen die nächsten Stunden abwarten, um genaue Aussagen treffen zu können“, sagte Wolfarth. „Wir bitten aber auch Respekt gegenüber Stefan Henze und den Angehörigen, dass man jetzt keine unnötigen Spekulationen durchführt.“
Der deutsche Chef de Mission Michael Vesper sagte, die Familie Henzes sei auf dem Weg nach Rio. Die gesamte deutsche Olympia-Mannschaft stehe unter dem Eindruck des Unfalls, berichtete Vesper. „Alle sind erschüttert und beten und hoffen, dass es ihm bald besser gehen wird.“
Das Internationale Olympische Komitee sieht Henze in guten medizinischen Händen. IOC-Sprecher Mark Adams sagte am Samstagnachmittag: „Er ist am besten Ort und bekommt eine gute Behandlung auf der spezialisierten neurochirurgischen Station.“
Zu Berichten über die mangelnde Qualität der Versorgung in dem vom IOC für Sportler und Funktionäre offiziell akzeptierten Krankenhaus Lourenço Jorge in Barra sagte der Sprecher: „Ich möchte hier nicht an Stelle des deutschen Nationalen Olympischen Komitees kommentieren.“
Kritik am IOC übte der Präsident der Ärztegewerkschaft von Rio, Jorge Darze, jüngst im „Spiegel“. Es sei unverantwortlich, dass dieses Krankenhaus nicht ausreichend für Unfallchirurgie ausgestattet sei, obwohl dort viele schwere Unfälle passierten. „Es hätte nicht als Referenzklinik für Olympia ausgewiesen werden dürfen“, sagte Darze.
Nach Angaben des Portals „Extra“ wurde im Krankenhaus Lourenço Jorge die Thorax-Chirurgie 2011 und die Gefäßchirurgie 2012 geschlossen. Im April hatte der Medizinrat des Bundesstaats Rio de Janeiro die Zustände in dem Olympia-Hospital scharf kritisiert.
Seit Jahren gibt es im Bundesstaats Rio de Janeiro Kritik an der Gesundheitsversorgung, zuletzt hatte es wegen Geldnot und nicht gezahlter Gehälter Streiks in Hospitälern gegeben. Der Bundesstaat ist von den Erdöleinnahmen abhängig, die eingebrochen sind, hinzu kommen die hohen Ausgaben für die Olympischen Spiele.