Trauerarbeit beim Abendessen: Heynen vor Abschied?
Berlin (dpa) - Den Schmerz über ihr schockierendes Olympia-Aus versuchten die deutschen Volleyballer bei einem letzten gemeinsamen Abendessen zumindest ein wenig zu lindern.
Mit einer emotionalen Ansprache hatte sich Bundestrainer Vital Heynen noch in der Kabine an Georg Grozer & Co. gewandt und die Trauerarbeit eingeleitet. Der Belgier reiste dann zu seinem Verein nach Tours weiter, um schon am Montagmittag wieder ein Training zu leiten. Den vom Olympia-Aus der Männer und Frauen tief getroffenen Deutschen Volleyball-Verband (DVV) ließ Heynen mit einer Frage zurück: Wie geht es jetzt weiter?
Seine Zukunft als Bundestrainer ließ Heynen offen. Nur noch bis zum Sommer läuft sein Vertrag. Olympia hätte für ihn mit der Generation Grozer die Krönung werden sollen. Darauf hatte der 46-Jährige seine Planungen beim DVV ausgerichtet. In den nächsten „Wochen und Monaten“ wolle er auf die Frage nach seiner Zukunft zurückkommen, sagte Heynen. „Ich muss ein Projekt finden, in dem ich mich zu Hause fühle.“ Der deutsche Verband wird ihm so etwas eher nicht bieten können. Heynen kann sich längst eine lukrativere Nation aussuchen.
„Es wäre sehr, sehr schwer ohne ihn“, hatte Grozer der Deutschen Presse-Agentur im Vorfeld der Berliner Qualifikation gesagt. Nicht nur der voraussichtliche Abschied Heynens wird schmerzen. Grozer selbst mit seinen mittlerweile 31 Jahren wird erstmal eine Pause im Nationalteam einlegen. Erfolge wie Platz fünf bei Olympia 2012 oder WM-Bronze 2014 waren nur mit „Hammerschorsch“ möglich - künftige erscheinen ohne den Star nicht realistisch.
Aus Altersgründen wird sich auch die Frage nach der Zukunft des verletzten Kapitäns Jochen Schöps (32) von Sebastian Schwarz (30) und Marcus Böhme (30) stellen. Den vor dem Turnier mit einer Blessur ausgeschiedenen Robert Kromm (31) sowie Christian Dünnes (31) hatte Heynen nur für das Projekt Rio reaktiviert.
Am Ende waren alle Anstrengungen vergebens. Nach den Frauen verpassen auch die Männer Rio. Erstmals seit 1992 fehlen beide Mannschaften. „Das ist für uns nicht einfach, was die Zukunft unserer Sportart in Deutschland betrifft. Uns fehlt jetzt die Plattform in Rio, wo wir uns präsentieren können“, räumte Verbandsboss Thomas Krohne den empfindlichen Imageschaden ein. Auf ihn wartet viel Arbeit.
Ein Trainer für die Frauen wird gesucht - bei den Männern dürfte die gleiche Aufgabe auf Krohne zukommen. Heynen wird dem Vernehmen nach aus Loyalität sein Team, das er im Februar 2012 übernommen hatte, noch bei der Weltliga im Juni betreuen. Es wäre durchaus skurril, wenn dieses Event das letzte des Belgiers für den DVV werden sollte.
Denn ursprünglich hatte der Verband die Volleyballer aus finanziellen Gründen nicht für dieses für die Weltranglistenpunkte enorm wichtige Turnier gemeldet - Vertrauensbeweise sehen anders aus. Heynen und die Mannschaft hat das tief getroffen, zugleich immerhin enger zusammengeschweißt. Den Austausch mit Verbandsvertretern reduzierten sie in den vergangenen Monaten aber lieber auf ein Minimum.
Der DVV meldete Grozer & Co. dann doch nach - allerdings nur für die deutlich weniger wertvolle dritte Gruppe der Weltliga. Es wäre nicht verwunderlich, wenn spätestens zur EM-Qualifikation im September ein neuer Bundestrainer an der Seitenlinie steht.