„Zar“ Putin startet als „Herr der Ringe“ durch

Sotschi (dpa) - Erst die Leoparden, dann die Olympia-Gäste: Es ist eine Inszenierung ganz nach dem Geschmack von Kremlchef Wladimir Putin.

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Noch vor seinem Treffen mit IOC-Präsident Thomas Bach und anderen offiziellen Terminen zeigt sich der „Zar“ betont menschlich - als Tierliebhaber, als wollte er vor allem den vielen Umweltschützern unter den Olympia-Kritikern Paroli bieten. Auf seine Initiative ist der einst ausgestorbene Leopard im Kaukasus nun wieder heimisch. Alous und Tscheri, Sadig und Andrea heißen die Raubtier-Paare, die nun sogar insgesamt vier Junge haben.

Der unlängst vom Wirtschaftsmagazin „Forbes“ zum mächtigsten „Mann der Welt“ gekürte will damit zeigen, dass er fürs Detail was übrig hat - und nicht nur für Großereignisse wie Olympia. Am 7. Februar eröffnet der heimliche Weltsportminister, der für 2018 auch die Fußball-WM in sein Land geholt hat, die Olympischen Winterspiele im Fischt-Stadion am Schwarzen Meer. Es ist das erste winterliche Ringe-Spektakel unter Palmen. Es sind mit 37,5 Milliarden Euro Kosten die teuersten Spiele der Geschichte.

Seine eigene Idee sei es gewesen, hier zwischen der Küste und den schneebedeckten Bergen das erste russische Wintersportzentrum seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion bauen zu lassen, sagt Putin. Sieben Jahre dauerte das - und nun will er sich als „Herr der Ringe“, wie russische Medien schreiben, feiern lassen.

Zwar bleiben viele seiner westlichen Kollegen auch mit Blick auf die Menschenrechtslage fern. Aber der Kreml verkündet stolz: 40 Staats- und Regierungschefs kämen zum Eröffnungsfeuerwerk, darunter - was nicht so gesagt wird - zahlreiche Diktatoren und Halbdiktatoren. Drei Milliarden Fernsehzuschauer würden Zeugen eines neuen Russlands.

Kremlgegner kritisieren „Putins Spiele“ seit langem als Ein-Mann-Show. Für den Lebenstraum des „Zaren“ habe die bisher unberührte Landschaft schweren Schaden genommen, seien Gastarbeiter ausgebeutet und Bürger zwangsenteignet und mitunter nicht ausreichend entschädigt worden, betonen Menschenrechtler. Die Liste der Vorwürfe ist lang. Aber das Internationale Olympische Komitee (IOC) wird nicht müde, den begeisterten Eishockeyspieler und Skifahrer zu loben.

Sonne ist dieser Tage an der Schwarzmeerküste allemal genug, um angesichts des Glanzes der schillernden Eisarenen vor Freude zu strahlen. Seine internationalen Kontakte nutzt der 61-Jährige, der auch Ehrenpräsident des Internationalen Judoverbandes ist und einen Schwarzen Karate-Gürtel hat, seit Jahren, um das Riesenreich Schritt für Schritt zum Zentrum des Sports auszubauen. Vor allem dem Einsatz des früheren Geheimdienstchefs sei es zum Beispiel zu verdanken gewesen, dass Ringen weiter olympische Sportart sei, wird in Moskau betont.

Für Beobachter ist Putin längst der einflussreichste Sportpolitiker der Welt. Kaum eine russische Bewerbung für ein wichtiges Turnier, die unter seiner Führung nicht erfolgreich gewesen wäre. Dazu zählen auch Weltmeisterschaften im Schwimmen (2015 in Kasan) und im Eishockey (2016 in Moskau und St. Petersburg). Nach Olympia wird der Park mit den Stadien am Schwarzen Meer für sieben Jahre Formel-1-Strecke.

Die schönen Bilder feiernder Athleten und fröhlicher Zuschauer sollen nach Einschätzung von Experten das angekratzte Bild Russlands vor allem im Westen verbessern. Für sein Prestigeprojekt scheute Putin weder Kosten noch Mühen. Zur Olympia-Vergabe reiste er 2007 eigens ins rund 11 000 Kilometer entfernte Guatemala, sprach damals sogar Englisch und ein paar Brocken Französisch, obwohl dem Ex-KGB-Offizier mit langer Dresden-Erfahrung eigentlich Deutsch mehr liegt.

Mit Olympia in Sotschi will er ungeachtet von Korruptionsvorwürfen vor allem auch Investoren anspornen, auf Russlands Zukunft zu setzen. Das nächste Ziel ist gesteckt: Putins Heimatstadt St. Petersburg erwägt eine Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024. Mit Sotschi hat sich Putin schon jetzt ein Denkmal gesetzt.