16-Jährige feiern Rekorde - Deutsche Schwimmer staunen
Barcelona (dpa) - Überraschend waren Weltrekorde und WM-Titel der Teenies nicht, aber die Schwimm-Welt haben sie trotzdem verzückt.
Das 16-jährige US-Girl Katie Ledecky blieb über 1500 Meter Freistil in 15:36,53 Minuten sechs Sekunden unter der bisherigen Bestmarke, die gleichaltrige Ruta Meilutyte setzte sich einen Tag nach ihrem Weltrekord über 100 Meter Brust (1:04,35) erstmals die WM-Krone auf. Beide sind wie die Amerikanerin Missy Franklin schon Olympiasiegerinnen. Die immerhin 18-Jährige findet den Siegeszug der jungen Sportlerinnen beeindruckend.
„Es ist unglaublich, wie jugendlich unser Sport ist und dass es so weitergehen wird“, erklärte Franklin. „Es ist wunderbar, das zu sehen und ein Teil davon zu sein.“ Über die Leistungen wie der von Franklin, die nach Staffel-Gold nun am Dienstagabend auch über 100 Meter Rücken gewann, konnte die im Vorlauf ausgeschiedene Berlinerin Selina Hocke nur wehmütig staunen. „Ich merke schon, dass ich wahrscheinlich erst in zwei, drei Jahren so weit sein werde. 59 schwimme ich einfach nicht auf 100 Meter“, erklärte die Berlinerin am Mittwoch. „Es macht mich ein bisschen traurig. Ich wäre gerne hier hingefahren und hätte das Semifinale erreicht.“
Für den deutschen Schwimm-Nachwuchs sind Halbfinal-Teilnahmen ein Erfolg, international geben Jugendliche das Tempo vor. Neu ist der Trend allerdings nicht. Betrug das Durchschnittsalter der Olympiasiegerinnen von Peking 21,54 Jahre, so waren die Damen in London dank Franklin, Ledecky, Meilutyte und der in Barcelona überraschend geschlagenen Ye Shiwen (China) 19,38 Jahre jung. Interessant bei dem Rechenspiel: Mit 23,31 Jahren waren die Goldmedaillengewinner in den Becken von London und Peking bei den Männern im Schnitt gleich alt.
Damals hatte Leistungssportdirektor Lutz Buschkow auf die „Trainingsprozesse in den Nationen im frühen Kinder- und Jugendalter, die zur Spitze hinführen“ hingewiesen. Ein solcher Weg lässt sich in Deutschland - einmal abgesehen von anderen System- und gesellschaftlichen Bedingungen - nicht 1:1 realisieren. Chefbundestrainer Henning Lambertz wies in Barcelona nun auf den immensen Einsatz der Amerikaner am Fundament der Schwimmer hin. „Aus meiner Sicht ist es fehlendes Basistraining, was uns dann dazu bringen würde, dass wir in den Topbereichen die Leistungen zwei, dreimal im Jahr abrufen zu können“, fand der Coach klare Worte.
Nur zaghaft sang Ledecky nach ihrem zweiten Gold im Palau Sant Jordi die Nationalhymne mit, hielt sich die Hand mit den bunt lackierten Fingernägeln auf das Herz. Für Farbtupfer sorgt auch Meilutyte, etwa mit den drei Steckern in den Landesfarben am rechten Ohr. Trotz aller Erfolge haben auch sie jugendliche Attitüden.
Und treten unwillkürliche Nachfragen zu möglicher „medizinischer Hilfe“ mit einem Lächeln entgegen. „Die Leute können sagen, was sie wollen, ich nehme nichts“, erklärte etwa die seit Jahren in England lebende Litauerin. Alles sei harte Arbeit, betonte Meilutyte immerzu - und dankte der älteren Generation. „Ich denke es ist großartig, dass junge Schwimmer aufrücken. Die älteren Schwimmer lassen uns Lücken für unsere Träume.“ Allein die Realität ist eindrucksvoll.