André Schürrle: Leverkusens Zehn-Millionen-Euro-Schnäppchen

Der Klub freut sich auf André Schürrle. Und die Nation weiß schon jetzt, warum das so ist.

Sinsheim. Es gab Tage, in denen transferierte der schwergewichtige Leverkusener Ex-Manager Reiner Calmund für das Bayer-Team ein brasilianisches Fußball-Schwergewicht nach dem anderen.

Was die Konzernkasse hergab, wurde nach Rio geschafft. Und die Kasse gab einiges her. Jetzt sitzt Calmund in Sinsheim, am Stadion mitten im Nirgendwo im idyllischen Rhein-Neckar-Land.

In einem Zelt gibt er in einer SWR-Fußballshow den Experten. Calmund sagt: „Mit dem André Schürrle hat Leverkusen ein echtes Schnäppchen gemacht.“

Das ist Calmund-Denke. Groß in den Dimensionen, mit dem Charme des Schalterbeamten von nebenan. Dabei hat Andre Schürrle, 20 Jahre alt, 2006 vom Heimatverein Ludwigshafener SC nach Mainz gekommen, Leverkusen tatsächlich zehn Millionen Euro gekostet. Ein Schnäppchen bezeichnet wohl etwas anderes.

Aber seit Montag haben jene Beobachter, die ihm früh eine große Karriere prophezeiten, republikweite Anhänger gefunden. Lukas Podolski wurde auf der offensiven linken Seite in der deutschen Anfangself jedenfalls nicht vermisst, und als der verdiente Nationalspieler endlich ins Spiel kam, vermisste man: Schürrle.

Immer wieder zog der schmächtig und tatsächlich zerbrechlich wirkende Hochleistungssportler von links in die Mitte. Zielbewusst, abschlussbereit. Uruguays Torwart Muslera kann ein Lied davon singen, Schürrle bezwang ihn mit einem geplanten Traumtor. Muslera bekam keine Hand an den Ball.

Die Zurückhaltung, mit der Joachim Löw individuelle Leistungen kommentiert, gab er im Fall Schürrle auf. Der habe nicht nur wegen des Tores „sehr gut gespielt“, sagte der Trainer.

„Er macht zielstrebige Wege nach vorne, sein Spiel ohne Ball ist bemerkenswert. Und er kann hohes Tempo gehen.“ Kurzum: Schürrle spielt, wie Löw es gern hat. Das Lob für den Neu-Leverkusener musste Podolski schmerzen.

Das Lob war Teil der Strategie Löws, dieses deutsche Team wie angekündigt auf ein noch höheres Niveau zu bringen. Wie zum Beweis dieser These wechselte Löw den nicht ganz fitten Podolski für Schürrle ein, als wollte er ihm aufgeben: Jetzt zeige endlich wieder, dass du es auch kannst.

Konkurrenzkampf in Reinform, den Schürrle nur offiziell herunterspielt: „Der Lukas hat so viel für Deutschland geleistet, da bin ich der Herausforderer, ich versuche mich anzubieten. Aber natürlich ist Lukas gesetzt.“

Das klingt nett, Schürrle formte auch Herzen in Richtung von Familie und Freunden auf den Rängen, seine Augen sind bei der Nationalelf stets aufgerissen, wie die eines kleinen Kindes auf Abenteuerreise, aber der 20-Jährige hat wie so viele der jungen Generation auch eine andere Seite.

„Ich will, dass meine Entwicklung weitergeht, und ich will in Leverkusen die nächsten Schritte gehen. Champions-League — das war immer mein Traum.“ Zielstrebigkeit, die ihn prägt.

„Das ist kein Rohdiamant mehr“, fand auch Calmund in Sinsheim. „Der ist schon ganz schön geschliffen.“ Eben ein Zehn-Millionen-Schnäppchen für Leverkusen.