Mehr Mitspracherecht Athleten wollen mehr Unabhängigkeit vom DOSB
Frankfurt/Main (dpa) - Die deutschen Athleten wollen im sportpolitischen Wettstreit endlich Partner auf Augenhöhe werden. Deshalb kündigten die Athletensprecher des Deutschen Olympischen Sportbundes die Gründung des vom DOSB unabhängigen Vereins „Athleten Deutschland“ an.
„Wir glauben, dass die Stimme der Athleten eigenständig formuliert sein sollte. Und dass wir mit einer eigenen Organisation die Möglichkeit haben, die Stimme der Athleten unabhängig zu formulieren“, sagte DOSB-Athletensprecher Max Hartung in der ARD-Sportschau.
Beschlossen werden soll die Gründung am kommenden Sonntag auf der Athleten-Vollversammlung in Köln. Säbel-Europameister Hartung zweifelt nicht an einer Zustimmung: „Ich halte es für unwahrscheinlich, dass es noch kippt.“ Der DOSB hat zwar das Kommen der Vorstandsmitglieder Michael Vesper und Dirk Schimmelpfennig angekündigt, hüllt sich über das Vorhaben der Athleten aber in Schweigen. „Wir bitten um Verständnis, dass wir erst die internen Beratungen abwarten wollen, bevor wir uns äußern, da noch gar nicht feststeht, zu welcher Auffassung die Athleten-Kommission kommen wird“, erklärte der DOSB auf dpa-Anfrage.
Als das Thema einer autonomen Athleten-Organisation vor einem Jahr aufkam, war DOSB-Präsident Alfons Hörmann alles andere als amüsiert. „Die Stimmung hat sich deutlich gebessert“, berichtete Hartung. „Ich hoffe, dass wir zu einer guten Arbeitssituation kommen, in der wir gut kommunizieren können.“ Ohnehin wollen die Sportler in der DOSB-Athletenkommission bleiben, aber durch die Vereinsgründung ein „wirklich valider Gesprächspartner“ werden und „nicht nur ein Feigenblatt in einer Satzung“ sein, wie Silke Kassner, die stellvertretende Vorsitzende der Athletenkommission, erklärte.
Mit dem Verein soll die Voraussetzung geschaffen werden, dass die Topathleten sich im Spannungsfeld der Interessengruppen - Bundesinnenministerium, Bundeswehr, Nationale Anti-Doping-Agentur, Sporthilfe, DOSB oder Sponsoren - besser und professioneller behaupten können. Dazu erhoffen sie sich Geld vom Bund für eine Geschäftsstelle mit hauptamtlichen Mitarbeitern.
„Mündige Athleten müssen ihre Meinung unabhängig von einer Dachorganisation äußern können“, sagte Dagmar Freitag, die Vorsitzende Sportausschusses des Bundstages. „Und ich bin der Meinung, dass der Bund dieses Vorhaben finanziell unterstützen sollte. Schließlich sollen Interessen und Bedürfnisse der Athleten im Mittelpunkt auch der politischen Diskussion stehen.“
In der jetzigen Konstellation könnten die Athletenvertreter ihren Auftrag „nicht bewältigen und gerecht werden“, sagte Hartung. Zwischen den Trainingseinheiten mit Schlagkraft um bessere Förderung oder gegen Doping zu kämpfen und mit Ministern und Topfunktionären zu verhandeln, sei unmöglich. „Es gibt Interessenskonflikte - und da müssen Athleten gut beraten sein“, meinte Hartung.
Die einstige Idee, eine Athleten-Gewerkschaft zu gründen, wurde aus gutem Grund verworfen. „Athleten sind nicht in einem klassischen Angestelltenverhältnis und müssen ihre Interessen bei zahlreichen Organisation vertreten“, sagte Hartung. „Es ist kein Klassenkampf, sondern eine Interessenvertretung.“ Man wolle zudem weiter den DOSB beraten und in der Athletenkommission bleiben. „Wir wollen keine totale Abspaltung, sondern es besser machen und ergänzen.“