EM-Hoffnungsträger Gavel muss sich in Geduld üben
Bonn (dpa) - Die Ungeduld von Anton Gavel ist in jedem Moment spürbar. Auf einem Tisch sitzend verfolgt der Profi des FC Bayern vom Rand das Training der Basketball-Nationalmannschaft, immer wieder wippen seine Badeschlappen auf und ab.
Während Bundestrainer Chris Fleming beim EM-Vorbereitungslehrgang in der Bonner Halle Anweisungen gibt, ist der gebürtige Slowake beim Teamtraining noch zur Untätigkeit verdammt: Innerhalb der kommenden zwei Wochen soll eine Entscheidung des Weltverbands FIBA über seine Spielgenehmigung eintreffen. „Dass ich an der Seitenlinie sitzen muss, ist nicht das, was ich mir gerade vorstelle“, sagt Gavel und fügt nach kurzer Pause hinzu: „Aber ich muss geduldig bleiben.“
Auch im Alter von 30 Jahren taugt der vielseitige Guard für die Auswahl des Deutschen Basketball Bunds noch zum Hoffnungsträger. Viermal führte Gavel Bamberg in seiner Karriere zum Meistertitel, ist auch nach dem Wechsel zu den Münchnern noch einer der elitärsten Verteidiger in der Bundesliga. „Tonno bringt uns Stabilität und Siegermentalität“, schwärmt Fleming nach dem Training.
Für diese Qualitäten würde der Coach auf einen der jüngeren Guards in seinem vorläufigen Kader für die EM (5.-20. September) mit der Heim-Vorrunde in Berlin verzichten. Auch Chris Kaman, der zuletzt bei der EM 2011 den Platz des einen erlaubten eingebürgerten Spielers innehatte, ist kein Thema mehr. „Wir sind auf den Positionen eins und zwei dünner besetzt, umso schöner wäre, wenn er spielen kann“, sagt Fleming über seinen langjährigen Weggefährten bei Bamberg.
Der Weltverband FIFA teilte am Donnerstagnachmittag mit, dass man „gerade Verbindung mit allen involvierten Parteien“ aufnehme und eine Entscheidung binnen der nächsten zwei Wochen kommen solle.
Aus Versicherungsgründen trainiert Gavel bis zum FIBA-Votum einzeln, bolzt im Nebenraum Kondition oder macht individuelle Kraftübungen - wie seine möglichen Teamkollegen aber im deutschen Trainingsshirt. Noch etwas ungläubig betrachtet er den Adler auf seiner Brust. „Es ist anders, eine neue Situation - aber alles gut.“
Noch 2012, zwölf Jahre nach seinem Umzug nach Karlsruhe, klagte er, dass es „bitter“ sei, wohl mit der Slowakei niemals bei einer EM oder Olympia auflaufen zu können. Nun könnte er für Deutschland spielen. „Wenn es alles klappt, wäre das unglaublich“, sagt er nun. „Für mich wäre das ein Highlight meiner Karriere, ich habe nie gedacht, dass es überhaupt möglich sein könnte.“
Mit Unterbrechung lebt Gavel seit anderthalb Jahrzehnten in Deutschland, lässt sich aufgrund seines Arbeitsethos und der Verlässlichkeit bereitwillig als „typisch deutsch“ beschreiben. „Das kann man so bezeichnen“, antwortet er mit einem Lächeln. „Es ist meine zweite Heimat geworden.“
Deshalb trifft Gavel beim Nationalteam auch auf zahlreiche vertraute Gesichter. Mit Heiko Schaffartzik bildete er bereits vergangene Saison ein Guard-Duo bei den Bayern. „Anton hat hier sein Abitur gemacht, hat hier seinen Führerschein gemacht. Er ist einer meiner besten Freunde seit ungefähr zehn, elf Jahren“, berichtet der Nationalmannschaftskapitän der vergangenen Spielzeiten. „Es wäre eine tolle Sache, wenn das klappen sollte.“