Korbjäger ohne Superstar noch überfordert

Neu-Ulm (dpa) - Am Supercup-Wochenende trafen die deutschen Basketballer nicht nur auf europäische Top-Teams, sondern in ihrem Team-Hotel auch wilde Gestalten.

Ein Punk mit schillernd-buntem Irokesenschnitt stolzierte durch die Lobby, nur mit zwei Gürteln bekleidet versucht ein vermeintlich angehendes Popsternchen Aufmerksamkeit zu erregen. Im Gegensatz zur Casting-Show eines Privatsenders muss die Nationalmannschaft erst gar keinen „Superstar“ suchen - es gibt ihn anderthalb Wochen vor der Europameisterschaft in Slowenien im aktuellen Team einfach nicht.

„Die Mannschaft hat keinen Spieler, der sie trägt“, erläuterte Bundestrainer Frank Menz beim Vorbereitungsturnier in Neu-Ulm die schwierige Personalsituation. „Es gibt keine Kamans, Nowitzkis, Hamanns, Jaglas, Ohlbrechts, Schwethelms und so weiter, haben wir nicht.“

Das Dilemma des mühsamen Neuaufbaus nach zahlreichen Absagen verdeutlicht sich auf dem Parkett: Sowohl beim 62:73 zum Auftakt gegen Bosnien-Herzegowina als auch beim 67:81 gegen den Medaillenkandidaten Mazedonien gelangen starke Starts mit phasenweisen guten Ansätzen. Doch mit 22 und 17 Ballverlusten lud der Gastgeber die Teams vom Balkan immer wieder zu einfachen Punkten ein. „Was die Turnover reduziert, ist Erfahrung und Klasse“, analysierte Menz. „Wir sind noch jung und werden wahrscheinlich noch viele Fehler machen.“

Immer wieder wies der frühere U20-Trainer gebetsmühlenartig auf die Unterschiede zu den Teams hin, die mit NBA-Profis wie Bosniens Mirza Teletovic oder Euroleague-Stars wie dem Mazedonier Bo McCalebb zum Supercup gereist waren. „Jede Mannschaft hat hier Stars, die sich selbst Würfe nehmen können. Wir können uns keine Situation im Eins-gegen-Eins erarbeiten“, betonte Menz. Bis auf Kapitän Heiko Schaffartzik und Robin Benzing müssten sich die Talente erst an die neue Verantwortung gewöhnen. „In der Bundesliga (...) werden die Spiele nicht von unseren Spielern entschieden. Hier haben sie eine völlig andere Rolle.“

Aus dem Kader, den der Coach vor dem EM-Start am 4. September gegen Mitfavorit Frankreich noch von 15 auf zwölf Akteure reduzieren muss, haben nur vier Profis bereits Praxis bei Europameisterschaften gesammelt. Doch auch den etablierten Kräften gelang es nicht, den jungen Spielern in Schwächephasen Halt zu geben. „Es gibt schon den ein oder anderen, der kurz mal den Kopf runternimmt“, sagte Tibor Pleiß, mit 23 Jahren bereits einer der Erfahrensten.

Der Center setzt bei sechs Niederlagen aus den vergangenen sieben Testspielen gegen Europas Elite aus Frankreich oder Spanien auf den Lerneffekt: „Viele Spieler spielen das erste Mal auf diesem Niveau, jedes Spiel auf diesem Top-Niveau hilft uns weiter und jedem einzelnen Spieler, sich zu verbessern.“

Nach dem Abschluss des Supercups gegen Griechenland können die Korbjäger des Deutschen Basketball Bundes dies vor der EM (4. bis 22. September) nur noch bei der Generalprobe am kommenden Freitag gegen Schweden in Bamberg unter Beweis stellen. „In den nächsten Spielen wird es aufwärtsgehen“, versprach Pleiß.