Die Basketball-Revolution vor den Toren Hollywoods
Los Angeles (dpa) - Verkehrte Welt vor den Toren Hollywoods. Die kleinen Clippers aus Los Angeles laufen den legendären Lakers den Rang ab.
„Ich dachte, ich würde nie wieder Showtime sehen. Aber die Clippers? That's Showtime“, meint Earvin „Magic“ Johnson. Er war in den Achtzigern der Architekt der Showtime Lakers, die fünf Meisterschaften in der nordamerikanischen Basketball-Liga NBA gewannen und mit ihrem Tempo-Spiel die Fans ebenso verblüfften wie verzückten.
Genau so ein Spektakel hatte Mike D'Antoni auch angekündigt, als er Mitte November den Trainerposten bei den Lakers übernahm. Vorgänger Mike Brown hatte nur fünf Spiele überstanden. Obwohl die sogenannte Starting Five mit Superstar Kobe Bryant, Aufbauspieler Steve Nash und Center Dwight Howard sowie Pau Gasol und Metta World Peace auf dem Papier einem All-Star-Team gleichkommt, läuft es aber immer noch nicht bei den Lakers. Sie wirken lustlos und lethargisch. Oder wie Charles Barkley meinte: „Alt, langsam und unathletisch.“
Entsprechend die Bilanz: 17 Siege und 25 Niederlagen. Der 16-malige Meister ist nur Zwölfter der Western Conference und somit näher dran an Schlusslicht New Orleans (14 Siege) als an Portland auf dem achten und letzten Playoff-Rang (21 Siege).
Die Liste der peinlichen Lakers-Leistungen ist lang. Die Branche rätselt. Das Team ist das teuerste der Liga, liefert aber nur einen Billigjob ab. Edelfans wie die Hollywood-Größen Jack Nicholson und Adam Sandler verließen ihre Plätze am Spielfeldrand bereits mehrmals in dieser Saison weit vor der Schluss-Sirene.
Das Team ist eine Ansammlung von Einzelkönnern, aber keine Mannschaft. Vor dem Mittwochspiel gegen Memphis gab es ein internes Team-Meeting. Man wollte Dampf ablassen, sich die Wahrheit ins Gesicht sagen. Bryant knöpfte sich Howard vor und fragte, ob er ein Problem damit habe, an seiner Seite zu spielen. Wenn ja, dann solle er es sagen. Das 2,11 Meter-Muskelpaket schwieg. Der Aussprache folgte mit einem 93:106 „die nächste Demütigung“ (Los Angeles Times).
In der Offensive sind die Lakers die Nummer sechs der Liga, in der Verteidigung sind sie hingegen auf Platz 26. „Wir haben ein All-Star-Team. Aber haben Sie mal ein All-Star-Spiel gesehen“, fragt der immer hilfloser dreinschauende D'Antoni. „Das ist ätzend, denn jeder versucht's im eins gegen eins und niemand verteidigt.“ Die Spieler müssten sich endlich an eine Hackordnung gewöhnen, so der Coach. „Auch wenn einige ihr Leben lang nie in dieser Rolle waren.“
Die Clippers indes sind ein Paradebeispiel für Harmonie und flache Hierachie. Der häufig belächelte und noch öfter bemitleidete Nachbar ist die Nummer drei der Liga, bietet Spaß, Spektakel und Team-Spirit. „Ich denke, wir haben gezeigt, dass die Clippers ein Team sind, das gewinnen kann. Aber jetzt müssen wir uns so festigen, dass wir auch um die Meisterschaft mitspielen können“, betont Blake Griffin. Er ist neben Playmaker Chris Paul das Gesicht des Vereins. Doch die Bausteine um das Duo herum sind es, die die neue Clippers-Klasse ausmachen. Und kaum eine Ersatzbank ist so stark.
Hinzu kommt, dass Chris Paul ein Star ohne Allüren ist. Der Kopf und kreative Geist des Teams denkt und lenkt nicht nur auf dem Spielfeld, sondern lädt seine Teamkollegen auch zum Essen oder ins Kino ein. Der Olympiasieger war es, der angeregt hat, Frauen und Kinder ruhig mal mit ins Trainingszentrum oder nach den Spielen in die Kabine zu bringen. „Wenn du eine so gute Verbindung außerhalb des Basketball-Feldes hast, willst du umso härter im Spiel füreinander kämpfen“, sagt Paul. Die Showtime-Analogie von „Magic“ Johnson hat er sehr wohl mitbekommen, fühlt sich dadurch geehrt und motiviert. „Showtime heißt Meisterschaften zu gewinnen. Das ist etwas, was wir anstreben.“