Historischer Tag in Dallas - „Wir glauben dran“

Dallas (dpa) - Kein Konfettiregen, keine tanzenden Spieler: Nach dem „wohl dominantesten Spiel der Club-Historie“ (Dallas Morning News) bei der 122:86-Demütigung von Titelverteidiger Los Angeles Lakers hielten sich Dirk Nowitzki und die Dallas Mavericks mit Jubel-Arien noch zurück.

Dabei steht jetzt endgültig fest: Die jahrelang verspotteten und als Verlierer gebrandmarkten „Mavs“ sind nach dem „sweep“ (Durchlauf) gegen das kalifornische Starensemble reif für den Titel. „Wir glauben dran“, brachte Club-Boss Mark Cuban die Stimmungslage bei den Texanern nach dem vierten Sieg im vierten Spiel auf den Punkt.

„Das ist großartig. Das ist das ausgeglichenste Team, in dem ich je gespielt habe“, urteilte Nowitzki, der seinem großen Traum von der Meisterschaft so nah wie zuletzt bei der bitteren Finalniederlage gegen Miami 2006 ist. „Wir sind hungrig. Unser Magen ist erst halbvoll. Wir wollen ihn weiter füllen“, sagte Shawn Marion nach dem Basketball-Festtag.

Selbst die eigenen Anhänger rieben sich im American Airlines Center verwundert die Augen. Die „Beat L.A.“ (Schlagt L.A.)-Rufe der wieder ganz in blau gekleideten Fans klangen leiser als noch zwei Tage zuvor, als die „Mavs“ Spiel drei der „best-of-seven“-Serie mit einem starken Schlussspurt eindrucksvoll gewonnen hatten.

Am Sonntag herrschte am Ende eines historischen Tages eher eine Mischung aus Ungläubigkeit und Staunen. Keiner konnte so recht glauben, dass die „Mavs“ dem Champion der vergangenen beiden Jahre soeben ein „Muttertags Massaker“ (Dallas Morning News) verpasst und zum vierten Mal das Conference-Finale im Westen der NBA erreicht hatten. Zugleich bedeutete der Triumph das Ende der erfolgreichen Trainer-Karriere des legendären Phil Jackson und der Dynastie der erfolgreichen Lakers um Kobe Bryant.

Die Texaner konnten sich gegen den am Ende komplett in sich zusammenfallenden Gegner sogar eine eher durchschnittliche Leistung von Nowitzki erlauben. Der Würzburger kam in nur 32 Minuten Spielzeit auf 17 Punkte, nahm aber auch nur elf Versuche. Stattdessen spielten sich die Bank-Spieler Jason Terry und Peja Stojakovic in einen Rausch.

Den Gästen flogen die Dreipunktwürfe der beiden Routiniers nur so um die Ohren. Terry traf neun von zehn Dreiern und stellte damit den NBA-Playoff-Rekord ein, Stojakovic versenkte gleich alle seine sechs Würfe aus der Distanz. Insgesamt verwandelte Dallas 20 Dreier - auch das die Einstellung eines Playoff-Rekords. „So etwas habe ich in einem Playoff-Spiel noch nie erlebt. Wir hatten keine Chance, sie zu stoppen“, sagte Trainer-Legende Jackson anerkennend.

Terry (32), Stojakovic (21) und Wirbelwind J.J. Barea (22) steuerten von der Bank kommend 75 Punkte zum unglaublichen Triumph bei - die komplette Lakers-Mannschaft brachte es nur auf elf Zähler mehr. „Es gibt in dieser Truppe viele Scorer, die in den wichtigen Momenten hellwach sind“, lobte Nowitzki. „Manchmal habe ich nicht mal den Ring gesehen und den Ball einfach losgelassen“, sagte Terry und fügte verschmitzt hinzu: „Ich hoffe, Dirk ist nicht sauer deswegen. Er war eigentlich in besserer Position.“ Der hatte aber schon ganz andere Dinge im Sinn. „Jetzt kann ich endlich mal eine Pizza essen. Den Diätplan vernachlässige ich heute mal“, witzelte der Würzburger.

Die Hilflosigkeit des gedemütigten Titelverteidigers entlud sich im Schlussviertel in zwei unschönen Frustfouls von Lamar Odom gegen Nowitzki und Andrew Bynum gegen Barea. Die beiden „Big Men“ der Lakers wurden disqualifiziert, Dallas' Coach Rick Carlisle ließ Nowitzki am Ende zur Vorsicht auf der Bank, um keine Verletzung seines Kapitäns zu riskieren. „Ich war mit diesen Aktionen nicht glücklich“, entschuldigte sich Jackson nach dem Fiasko.

Lakers-Legende Magic Johnson wetterte nach dem Debakel über das Team: „Diese Niederlage ist beschämend. Was Bynum und Odom gemacht haben ist nicht zu akzeptieren. Man muss wie ein Meister gewinnen und verlieren können. Das hatte keine Klasse.“

Während die Lakers nun wohl vor einem Umbau stehen, warten die Mavericks genüsslich auf ihren nächsten Gegner. Was der „sweep“ für ihn bedeuten würde, wurde Carlisle nach dem größten Erfolg seiner Trainerkarriere gefragt. „Das wir jetzt ein bisschen länger Pause haben“, sagte der Coach gelassen. Memphis oder Oklahoma heißen der Gegner im Conference-Finale. Fürchten müssen sich die Mavericks in der derzeitigen Verfassung vor niemandem. In der Serie zwischen den Chicago Bulls und den Atlanta Hawks steht es 2:2. Die Hawks entschieden ihr zweites Heimspiel in der Eastern Conference mit 100:88.