Nowitzki-Kollege mit Multipler Sklerose
Dallas (dpa) - Es begann mit einem Stolperer. Vor knapp zwölf Monaten verlor Chris Wright im Training beim türkischen Basketballclub Olin Edirne erstmals die Kontrolle über seine Füße. Am nächsten Morgen war das Gefühl im rechten Arm und Bein sowie der rechten Hand verschwunden.
Wenig später die Diagnose: Multiple Sklerose (MS). Doch auch trotz der unheilbaren Entzündungserkrankung des Nervensystems hat der 23-Jährige nun den Sprung an die Seite von Dirk Nowitzki zu den Dallas Mavericks in die NBA geschafft. „Ich habe Geschichte geschrieben, als Erster (mit MS) in der NBA unterschrieben zu haben“, sagte Wright begeistert, nachdem er am Mittwoch (Ortszeit) einen Zehn-Tages-Vertrag erhalten hatte. „Das ist definitiv eines der Dinge, auf die ich selber stolz bin: Dass ich eine Inspiration und Motivation für Menschen bin, weiter zu kämpfen.“
Durchbeißen musste sich auch Wright. „Es war hart“ erinnerte er nach seinem ersten Training mit den Mavs am Mittwoch (Ortszeit) über die bange Zeit in Europa. „Ich war weit weg, alleine, keine Familie, keine Freunde. Ich wusste nicht, was los ist. Zu der Zeit wusste ich gar nicht, was MS ist. Nachdem ich es rausgefunden hatte, habe ich einfach versucht, positiv zu bleiben und weiter zu machen.“
Mehr als vier Monate stand er nicht auf dem Feld, ein Arzt erklärte seine Karriere für beendet. „Das habe ich nicht geglaubt“, berichtete er über den unbändigen Willen, sich seinen Traum von Duellen mit den besten Spielern der Welt zu erfüllen. Über die Aufbauliga D-League, in der auch der deutsche Neu-NBA-Profi Tim Ohlbrecht auf sich aufmerksam machte, erarbeitete sich Wright die Chance beim NBA-Champion von 2011. „Ich habe nie meine Ziele aus den Augen verloren.“
Einmal im Monat bekommt er eine intravenöse Injektion eines aggressiven Medikaments, geht halbjährlich zu einem Spezialisten. Weltweit sind von der Krankheit geschätzt etwa 2,5 Millionen Menschen betroffen, in Deutschland nach Angaben der Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) rund 130 000. Erkrankte können unter anderem Sehschwierigkeiten bekommen, häufiger stolpern oder verstärktes Kribbeln spüren. Die Möglichkeit zur sportlichen Betätigung hänge stark vom individuellen Krankheitsverlauf, heißt es bei der DMSG auf Anfrage. Profisport zu betreiben, sei generell durchaus möglich, Akteure außerhalb des Behindertensports seien aber auf Anhieb nicht bekannt.
Wright ist sich bewusst, dass es „keine Heilung für MS“ gibt. „Kann es einen Rückfall geben? Absolut“, sagte der 1,85 Meter große Aufbauspieler. „Aber durch meine Fortschritte und die Art, wie sich mein Körper anfühlt - es hilft auch, dass ich ein Athlet bin - hat sich das Risiko reduziert, dass es wieder passiert.“
Bedenken wegen Wrights Krankheit habe er nicht, betonte Mavs-Coach Rick Carlisle nach der Verpflichtung. „Eines der Dinge, die ich an unserer Franchise mag, ist, dass wir vorurteilsfrei sind. Wir geben jedem eine Chance, solange sein Spiel passt und die Einstellung gut ist.“ So könnte Wright dem Nowitzki-Team von der Bank kommend helfen, im Endspurt den kaum noch für möglich gehaltenen Sprung in die Playoffs zu schaffen. Doch alleine das Mavs-Trikot zu tragen, ist für ihn schon „eine Ehre“ - und sportlicher Höhepunkt eines turbulenten Jahres. „Es ist alles ein Segen“, meinte Wright angesichts der Geburt seines Sohns Chris Jr. vor einigen Wochen. „Das war ein großartiger Monat für mich.“