Abrahams Qual: Ein letztes Mal Stieglitz

Halle/Westfalen (dpa) - Arthur Abraham hat die Nase voll. Zum vierten Mal muss er gegen Robert Stieglitz antreten. „Es reicht“, stöhnt der Boxweltmeister der WBO im Supermittelgewicht und schwört: „Einen fünften Kampf wird es nicht geben.“

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Was wohl heißen soll: Der Berliner will endgültig die Fronten klären und sich anderen lukrativen Aufgaben widmen. In der Gesamtwertung steht es 2:1 für Abraham. Ein Sieg des Magdeburgers Stieglitz am Samstag in Halle/Westfalen würde Abrahams Plan aber über den Haufen werfen.

Eine Niederlage spielt in den Gedanken des Champions keine Rolle. Er hat sich festgelegt. Noch zwei Jahre will er boxen, dann ins Management wechseln. Bei einem möglichen Verlust des Titels würde die Fortsetzung seiner Karriere jedoch auf dem Spiel stehen. Trainer Ulli Wegner fährt deswegen großes Geschütz auf. „Bei einer Niederlage arbeiten wir beide nicht mehr zusammen“, droht er seinem Schützling.

Wegner ist als Meister der Nadelstiche bekannt, mit denen er seine Boxer motivieren und zu Höchstleistungen treiben will. Ein raffinierter Schachzug ist, Abraham den Kampf als eine Frage der Ehre einzureden. Er wolle „einen stolzen Boxer“, fordert Wegner. Da lässt sich der gebürtigen Armenier üblicherweise nicht zweimal bitten und wirft sich - wie einst geschehen - dem Rivalen gar mit gebrochenem Kiefer entgegen. Nicht immer aber werden die Trainer-Zwischenrufe gehört.

Wegner reibt sich an seinem manchmal ungehorsamen Champion, dem er mitunter Müßiggang vorwirft. Dann klagt er, dass es „immer wieder ein teils unmenschliches Unterfangen ist, den Jungen in Top-Form zu bringen“. Immerhin soll Abraham - laut Wegner „ein Mann mit 15 Jobs“ - nach dem Urlaub rund acht Kilo Übergewicht auf die Waage gebracht haben. Der Gescholtene braucht den Zorn des Trainers, sonst kommt er nicht in die Gänge. „Herr Wegner weiß, was gut für mich ist“, sagt Abraham, der nicht mehr über den K.o.-Hammer früherer Jahre verfügt. Doch in puncto Schlagkraft ist er dem konditionsstarken Angriffsboxer Stieglitz noch immer deutlich überlegen.

Promoter Kalle Sauerland erwartet einen denkwürdigen Abend. „Für beide Boxer geht es um alles. Dieser Kampf wird noch spannender und dramatischer als die bisherigen Duelle“, meint er. Unter großem Druck steht Stieglitz. Eine dritte Niederlage gegen Abraham würde seine WM-Ambitionen, vielleicht sogar seine Karriere beenden. Nachdem unlängst Francesco Pianeta und Robin Krasniqi verloren hatten, stände der Magdeburger Boxstall von Promoter Ulf Steinforth urplötzlich ohne Zugpferd da.

Der 34 Jahre alte Russland-Deutsche Stieglitz, der im Jahr 2000 vom Schwarzen Meer nach Magdeburg übergesiedelt ist, droht seinem Rivalen: „Er hat meinen Titel und den werde ich mir zurückholen, das verspreche ich.“ Für Wegner sind das Worthülsen. „Arthur kann alles besser als Stieglitz“, widerspricht der 73-Jährige.