Auge dick: Schlaglos-Abraham von Stieglitz überrollt

Magdeburg (dpa) - Arthur Abrahams Auftritt bei der Box-WM in Magdeburg dauerte nicht länger als beim letzten Kurzeinsatz im ARD-„Tatort“. Damals wurde er von Til Schweiger mit einem Toaster zur Strecke gebracht, diesmal erledigte das Robert Stieglitz mit den Fäusten.

Dafür brauchte der Magdeburger Stieglitz nur drei Runden. Der Einheimische knöpfte Abraham den WM-Titel im Supermittelgewicht nach Version der WBO wieder ab. „Ich habe doch gesagt, der Titel ist nur geliehen“, sagte der 31-Jährige und zuckte mit den Achseln, als sei die Einlösung seines Versprechens das Normalste von der Welt.

Im August vergangenen Jahres hatte ihn Abraham klar nach Punkten besiegt und den WM-Gürtel entführt. Die Revanche vor 7500 tobenden Zuschauern in der restlos gefüllten Getec-Arena und vor 4,2 Millionen an den TV-Schirmen war stark. Zu Beginn der vierten Runde blieb Abraham auf dem Hocker in seiner Ecke sitzen. Sein linkes Auge war nach Schlagweinwirkung in Runde zwei komplett zugeschwollen. „Arthur konnte nicht mehr räumlich sehen, er sah die Schläge nicht kommen“, erklärte Ringarzt Walter Wagner. „Das war medizinisch nicht vertretbar.“ Folglich brach der Ringrichter aus den USA ab: technischer K.o. in der vierten Runde.

Stieglitz hatte alles auf eine Karte gesetzt. Wie ein Stier ging er auf Abraham los und deckte den 33 Jahre alten Berliner mit Schlagsalven ein. Das Höllentempo behielt er bei. Der inaktive Champion Abraham war völlig überrascht und wusste nicht, wie ihm geschah. Er verließ sich auf seine alte, überwunden geglaubte Taktik: „Ich wollte ihn ein bisschen schlagen lassen. Bis zur sechsten Runde sind meine Gegner aggressiv, dann werden sie ruhiger. Ich hätte ihn schon noch erwischt.“ Da irrte er. Das Abwarten rächte sich. „Dass Arthur sich so eindecken lässt, habe ich nicht geglaubt“, zürnte Trainer Ulli Wegner. „Er hat in der zweiten Runde für drei Sekunden geboxt, wie er eigentlich sollte.“

Um die Kritik zu verschärfen, lobte der 70 Jahre alte Trainer-Guru den Rivalen. Der hatte im Gegensatz zu seinem Mann die Vorgaben des eigenen Coaches befolgt. „Die Courage von Robert ist zu bewundern. Mit welchem Elan der rangeht an seine Aufgaben, davor ziehe ich den Hut.“ Abrahams Teamkollege Marco Huck musste sich erst sortieren: „Wir sind geschockt, wir haben gedacht: Arthur ist der Übermann.“

Der gebürtige Armenier Abraham, der sich im Ring hinter seiner Doppeldeckung und später hinter einer dunklen Sonnenbrille verschanzt hatte, bettelte um einen dritten Kampf. Denn ohne Titel geht ihm Geld verloren. Manager Wilfried Sauerland sieht ein drittes Duell als „ein Gebot der Fairness“ an und mahnte zu Anstand.

So viel Edelmut mag Promoter Ulf Steinforth, der den am Schwarzen Meer geborenen Russland-Deutschen Stieglitz 2001 in seinem Stall aufgenommen und seither großgemacht hat, zurzeit nicht aufbringen. „Beim ersten Mal gab es eine Rückkampfklausel. Jetzt gab es keine. Ich werde mich dazu jetzt nicht hinreißen lassen“, erwiderte der zweitgrößte deutsche Boxveranstalter zum Schrecken der Berliner Sauerland-Promotion.

Stieglitz wäre bereit („Immer wieder gern“), Steinforth derzeit nicht. Er schaut sich zunächst nach anderen Rivalen um. Einen TV-Sender hat er nicht. Der Sportrechtevermarkter Sportfive ist eingeschaltet. Jetzt wolle er nur feiern, meinte Steinforth und schwärmte: „Robert ist wie Phönix aus der Asche gestiegen. Geil, einfach nur geil.“