„Im Moment nicht in der Lage“ Depressiver Fury dankt ab - Klitschkos WM-Weg erleichtert

Berlin (dpa) - Tyson Furys Abdankung vereinfacht Profiboxer Wladimir Klitschko den Weg zurück auf den Schwergewichts-Thron.

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Für die einstige unumschränkte Nummer eins der Königsklasse gibt es nun mehrere Optionen, einen der frei gewordenen WM-Gürtel zurückzuerobern, nachdem der an Depressionen erkrankte Fury seine WM-Titel am späten Mittwochabend niedergelegt hatte. „Ich habe die Titel im Ring gewonnen, und ich glaube, dass sie im Ring auch verloren gehen sollten. Aber ich bin derzeit nicht in der Lage, sie zu verteidigen“, wurde der 28-jährige Brite in einer Mitteilung seines Managements zitiert.

Fury musste allerdings ohnehin mit einer Sperre wegen Dopings und der Aberkennung seiner WM-Titel durch die Verbände WBO, WBA und IBO rechnen. Sein nationaler Verband hat ihm am Donnerstag schon mal vorläufig die Lizenz entzogen. Die Entscheidung gelte „bis zur weiteren Untersuchung in der Anti-Doping-Angelegenheit und in medizinischen Fragen“, heißt es in der Erklärung des British Boxing Board of Control.

Wladimir Klitschko hatte die drei Titel am 28. November 2015 in Düsseldorf bei seiner unerwarteten Niederlage gegen den Briten verloren. Bei beiden großen Verbänden ist der 40 Jahre alte Ukrainer auf Rang zwei notiert: bei der WBO hinter dem Neuseeländer Joseph Parker, bei der WBA hinter dem Exil-Kubaner Luis Ortiz. Den WM-Gürtel der WBC, in deren Ranking Klitschko nicht geführt wird, hält der US-Amerikaner Deontay Wilder. Die IBO zählt nicht zu den großen Weltverbänden.

Am schnellsten aber könnte sich Klitschko wieder krönen, wenn der Kampf gegen den britischen IBF-Champion Anthony Joshua in Sack und Tüten wäre und er das Duell der Olympiasieger 1996 gegen 2012 gewinnt. „Diesen Kampf favorisieren beide“, sagte Joshuas Promoter Eddie Hearn der BBC. „Es wäre der größte Schwergewichtskampf der vergangenen zehn Jahre. Ich will ihn perfekt machen.“ Hearn nannte als möglichen Termin nunmehr den 10. Dezember, als Austragungsorte sind Manchester und London im Gespräch.

Tyson Fury hatte in der vergangenen Woche dem Magazin „Rolling Stone“ gesagt: „Ich bin ein manisch Depressiver.“ Er sei seit Jahren krank. In letzter Zeit habe er jeden Tag Alkohol getrunken und Kokain geschnupft. „Ich hoffe nur, dass jemand mich tötet, bevor ich mich selbst töte“, gab er in dem Interview an. Alkohol und Drogen seien für ihn die einzige Möglichkeit gewesen, mit seinen psychischen Problemen klarzukommen, bekannte Fury.

In der Mitteilung vom Mittwochabend meinte Fury, er stehe „vor einer weiteren Herausforderung“ in seinem Leben. Wie gegen Wladimir Klitschko werde er siegen. Ein Rückkampf sollte zunächst am 9. Juli in Manchester stattfinden. Zwei Wochen vor dem Termin hatte Fury das Duell wegen einer angeblichen Knöchelverletzung abgesagt. Zeitgleich feierte er bei der Fußball-EM mit englischen Fans in einer Kneipe von Nizza.

Auch den Fight am 29. Oktober sagte er am 23. September ab. Einen Tag zuvor war er bei einer Kontrolle durch die amerikanische Anti-Doping-Agentur VADA (Voluntary Anti-Doping Association) in einer A-Probe positiv auf Kokain getestet worden. Fury machte sich in den Tagen darauf über den Dopingverdacht lustig. Auf seinem Twitter-Account veröffentlichte er eine Fotomontage aus dem Filmklassiker Scarface, wo Gangster Tony Montana, gespielt von US-Schauspieler Al Pacino, vor einem Berg Drogen sitzt. Fury ersetzte Al Pacinos Kopf durch seinen eigenen.

Furys Trainer und Onkel Peter Zorn gab sich in der Management-Mitteilung zuversichtlich, dass sein Neffe nach seiner Gesundung wieder in den Ring steige: „Tyson wird wieder stärker zurückkommen.“