Der böse Mann und sein neues Leben: Tyson als Promoter
Hamburg (dpa) - Es gibt Menschen, denen möchte man nie nachts in einer verlassenen Seitenstraße begegnen. Mike Tyson ist ein solcher. Sein Name steht für große Siege im Boxring, aber auch für Gewalt, Exzesse und Gesetzesbrüche.
Schon das Gesichtstattoo des 47-Jährigen New Yorkers, mit dem er wie ein wilder Krieger im Busch wirkt, lässt den Betrachter schaudern. Als muskelbepackte Kampfmaschine hat der einstige Boxweltmeister seine Gegner erbarmungslos verprügelt. „Ich will ihnen die Knochen brechen“, grölte er. „Ich will ihnen Herz und Leber rausreißen.“
Jüngster Schwergewichts-Champion der Geschichte, lautet eines seiner Prädikate. Ein anderes: tickende Zeitbombe. Die einen waren fasziniert und wähnten ihn auf Alis Spuren, die anderen wandten sich angewidert ab. Tyson gilt bis heute als der brutalste Boxer der Szene, der sein Leben nicht in den Griff bekommt. Der Mann mit dem härtesten Schlag in der Boxwelt verprügelte nicht nur seine Gegner im Ring, auch seine Ehefrauen und Freundinnen daheim.
Das alles sei Geschichte, meint der „böseste Mann des Planeten“, wie er sich selbst bezeichnete. Ein besserer Mensch will er nun werden. Der frühere Multimillionär, der 2005 mit einer Niederlage gegen den Iren Kevin McBride gedemütigt und verschuldet aus dem Ring verschwand, kehrt ins Boxgeschäft zurück. Jetzt als Veranstalter. Seine Firma nennt sich „Iron Mike Productions“ und soll die Lokomotive für ein Promotionsunternehmen namens Acquinity Sports sein.
Am 23. August hat Promoter Tyson Premiere. Boxen lässt er in einem Hotel-Kasino in Verona, Bundesstaat New York. Sein Aushängeschild: Argenis Mendez aus der Dominikanischen Republik. Der Weltmeister im Superfedergewicht tritt gegen den in Kanada lebenden Afghanen Arash Usmanee an. „Ich komme wieder, weil ich nicht möchte, dass die Jungs eines Tages so enden wie ich damals“, wird er in der Tageszeitung „Die Welt“ zitiert. Man möchte ihm glauben, traut sich aber nicht.
Tysons Leben verlief fürwahr skandalös. Als Kind im New Yorker Stadtteil Brooklyn klaute er und prügelte sich. Er flog aus der Schule, landete mit 13 im Jugendknast. Mit 20 Jahren, als jüngster Schwergewichtschampion, verdiente er so viel Geld, dass er damit nichts Vernünftiges anzufangen wusste. Teils verprasste er es, teils zog es ihm Promoter-Schlitzohr Don King aus der Tasche. Tyson vergewaltigte eine 18-Jährige, musste für sechs Jahre ins Gefängnis, von denen er drei absaß, kam wegen einer Schlägerei nach einem Autounfall erneut hinter Gitter, biss Weltmeister Evander Holyfield während eines Kampfes ein Stück vom Ohr ab und wurde dafür gesperrt. Schließlich verlor er wegen Marihuana-Missbrauchs erneut die Lizenz.
Nach seinem Rückzug aus dem Ring machte er in liebgewonnener Manier weiter: Er produzierte volltrunken Autounfälle, schnupfte Kokain und verprügelte ihm unsympathische Zeitgenossen. Tyson war ein finsterer Geselle, den man zur eigenen Sicherheit am besten nur im Fernsehen sah.
Jetzt will er den Boxnachwuchs vor den Gefahren des Lebens warnen. „Ich habe mich geändert, weil ich jetzt weiß, dass ich das Problem bin“, bekennt der Bad Boy. So nebenbei muss er Geld verdienen, um seinen Schuldenberg abzubauen. Der amerikanische Sportkanal ESPN will die Kämpfe übertragen. Da schwingt vermutlich nicht nur die Hoffnung auf sehenswerten Sport mit. Vielleicht gibt es ja wieder einen Ausraster à la Tyson.