Der runderneuerte Sturm: Aufbruch zum vierten WM-Titel
Hamburg (dpa) - Es ist schon paradox: Weil Felix Sturm seinen Weltmeistertitel dreimal verloren hat, steht er vor einem Rekord. Der Kölner Profiboxer will zum vierten Mal Champion werden. Das hat vor ihm noch kein deutscher Faustkämpfer geschafft.
Deshalb ist er überzeugt: Nach dem Duell mit Titelträger Darren Barker aus Großbritannien am Samstag in Stuttgart schnallt er sich dessen IBF-Gürtel um den Bauch. „Es ist eine zusätzliche Motivation, einen festen Platz in den Geschichtsbüchern zu haben“, preist Sturm seinen Arbeitseinsatz an.
Besser wäre natürlich gewesen, er hätte den Titel nie abgegeben und auf den Rekord verzichtet. Doch seine Regentschaften waren immer befristet. Von 2003 bis 2004 hielt Sturm den WBO-Titel, 2006 war er vier Monate WBA-Weltmeister und von 2007 bis 2012 erneut WBA-Titelträger, zeitweise sogar als Superchampion-Ausgabe.
Für den Mittelgewichtler hat der erneute Anlauf auf den WM-Gürtel immense Bedeutung. „Felix muss alles auf eine Karte setzen. Wenn er verliert, hat er es in Zukunft sehr schwer“, warnt Thomas Pütz, Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB). Gelingt ihm kein Titel-Comeback, bekommt er vorerst keine WM-Chance mehr. Sturm ist der Vorzeigeboxer von Sat.1. Titelkämpfe sind für einen TV-Sender das Salz in der Suppe. Ohne sie bröckelt die Quote. Als Promoter in Eigenregie, der Sturm seit seiner Trennung von Hamburger Universum-Stall ist, muss er den Laden am Laufen halten.
Gut eine Million Euro musste er Barker versprechen, damit dieser nach Deutschland kommt, um sich den Titel abnehmen zu lassen. „Der Bursche hat doch nichts zu verlieren. Der fällt weich“, meint Pütz. Der Brite ließ sich clevererweise eine Rückkampfklausel in den Vertrag schreiben, falls er verlieren sollte. Das zweite Duell wäre in England. Einen Auslandsauftritt wollte Sturm eigentlich vermeiden. Der letzte liegt 20 Kämpfe oder acht Jahre zurück.
Der 34 Jahre alte Deutsche, der als Sohn bosnischer Eltern eigentlich Adnan Catic heißt, hat sich in den vergangenen Monaten runderneuert. Das zumindest behauptet er. Nach seinen Niederlagen gegen die Australier Daniel Geale und Sam Soliman - letztere wurde wegen Dopings des Rivalen nicht gewertet - sah Sturm es an der Zeit für Umwälzungen. „Ich habe mir gesagt: Alles auf Stopp, alles auf null. Egal, wie toll meine Karriere war, das gilt alles nicht mehr“, beschreibt der Schützling von Trainer Fritz Sdunek seinen Sinneswandel. „Ich habe meine Karriere von neuem gestartet.“
Deshalb stellte er auch seine Ernährung um und erreichte so schon vier Wochen vor dem Kampftermin sein Idealgewicht. „Er hat eine andere Einstellung zum Leben gefunden“, sagt Sdunek. Die neue Form der Selbstverwaltung soll der 31-jährige Barker bei dessen erster Titelverteidigung zu spüren bekommen. Zuletzt hatte Sturm regelmäßig Aussetzer während der Kämpfe. „Da blieb er wie gelähmt stehen“, klagt Pütz. Jetzt könne er „zwölf Runden Power gehen“, schwört Sdunek.
Die Botschaft vom neuen Sturm lässt Barker kalt. „Er war mal ein großer Weltmeister“, lautet sein Urteil über den Deutschen. Nur einen von 27 Profikämpfen hat Barker verloren - gegen den als weltbesten Mittelgewichtler geführten Sergio Martinez aus Argentinien. Jean-Marcel Nartz, früherer Technischer Leiter bei Sauerland und Universum, legt sich deshalb fest: „Für mich ist Barker Favorit.“