Marutyan ganz unbescheiden: „Nur Gold“
Almaty/Schwerin (dpa) - Arayk Marutyan will im fernen Almaty schaffen, was noch keinem gelungen ist. Er will als erster Schweriner Amateurboxer Weltmeister werden.
„Die Medaille ist gesichert, aber wir wollen nicht irgendeine Medaille, sondern nur Gold“, postete der 21 Jahre alte Mecklenburger mit armenischen Wurzeln seinen Freunden unbescheiden und rieb sich stolz die Augen, als er auf seine Handy schaute. „Alter Schwede! Über 1000 WhatsApp-Nachrichten, und Facebook überflutet mich mit Nachrichten.“
Ganze Generationen aus der einstmals größten Box-Hochburg Europas, die drei Olympiasieger und sieben Europameister hervorgebracht hatte, scheiterten bei dem Unterfangen, auch einen WM-Titel in die Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern zu holen. Olympiasieger Andreas Zülow war zweimal nahe dran, verlor aber 1986 und 1989 jeweils im Finale. Silber holten im goldenen Schweriner Jahrzehnt auch René Breitbarth (1986) und Torsten Schmitz (1989). Danach ging es bergab. Martin Dreßen war 2003 mit Bronze in Bangkok der letzte Schweriner, der bei einer WM auf dem Podest stand. Das letzte deutsche WM-Gold gab es vor vier Jahren. Das hatte der inzwischen zu den Profis abgewanderte Darmstädter Jack Culcay erobert.
Marutyans Trainer Michael Timm war 1985 Europameister, weiß aber aus seiner Trainer-Laufbahn aus nächster Nähe, wie es sich als Weltmeister anfühlt. Unter seiner Regie waren im Hamburger Universum-Boxstall der Profis unter anderem Felix Sturm, Jürgen Brähmer, Ruslan Chagaev und Ina Menzer Weltmeister geworden.
Wahrscheinlich war Timms Rückkehr zu den Amateuren im vergangenen Jahr ein Glücksfall für Marutyan. Das Top-Talent hat sich seither sportlich enorm entwickelt und sein außergewöhnliches Leistungsvermögen bereits im Juni mit dem Gewinn des Silbermedaille bei den Europameisterschaften in Minsk unter Beweis gestellt. Seither ging es weiter voran. „Marutyan hat sich seit dem Gewinn der EM-Medaille toll stabilisiert“, lobt Jürgen Kyas, Präsident des Deutschen Boxsport-Verbandes (DBV), seinen Top-Mann.
Der DBV-Chef ist froh, den Schweriner noch in seinen Reihen zu haben, denn Anfang des Jahres wäre Marutyan fast weg gewesen. Der Weltergewichtler hatte sich auf Anraten seiner Berater geweigert, den Vertrag des DBV zu unterschreiben und war daraufhin suspendiert worden. Der Kontrakt bindet den zweimaligen deutschen Meister bis zum Abschluss des Olympia-Zyklus im Sommer 2016 an das Amateurlager. Marutyan wollte sich ursprünglich die Option offenlassen, jederzeit zu den Profis wechseln zu können.
Der Zoff ist aber vergessen, der Blick auf das sportlich größte Wochenende in Marutyans noch junger Karriere gerichtet. „Ich bin überglücklich. Nach so einem Gegner, denke ich, kann nicht noch ein Stärkerer kommen“, befand der Sportsoldat nach seinem Viertelfinalsieg über den Olympia-Zweiten Freddie Evans aus Wales.
Nun hat er am Freitag im Halbfinale den Olympia-Fünften Danjar Jeleussinow gegen sich. Der Papierform nach müsste der Kasache schwächer sein. Der Lokalmatador kann aber auf die Unterstützung des Publikums setzen.