Nach der Ära Halmich: Wo boxen deutsche Frauen?

Düsseldorf (dpa) - Zwei deutsche Eliteboxerinnen scheinen in der Versenkung verschwunden. Regina Halmichs Abgang und das Ende des TV-Vertrags haben dem Boxstall Universum geschadet. Weltmeisterin Kentikian und Ex-Weltmeisterin Menzer stehen nicht mehr im Fernseh-Rampenlicht.

Die Zukunft des einstigen Vorzeige-Boxstalls im deutschen Frauen-Faustkampf sieht düster aus. Bei der Universum Box-Promotion ist Susi Kentikian zwar als Weltmeisterin auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, die ehemalige WM-Titelträgerin Ina Menzer ist in Lauerstellung - aber beide sind nicht mehr im TV zu sehen. „Das ist ein großer Verlust“, bedauert die frühere Weltmeisterin Regina Halmich das Ende des Vertrags zwischen dem ZDF und ihrem einstigen Arbeitgeber. „Allein finanzielle Erwägungen haben zu diesem Schluss geführt“, sagte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz der Nachrichtenagentur dpa.

Deutsche Weltmeisterinnen sind auch Christina Hammer und Ramona Kühne aus dem Magdeburger Stall von Ulf Steinforth. Sie sind bei Sat.1 oder Sport1 zu sehen. Kentikian und Menzer sind nach Halmichs Karriereende weiter bei Universum unter Vertrag. Doch ohne Fernseh-Präsenz wird es für die beiden Boxerinnen schwieriger, die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Sponsoren auf sich zu ziehen.

8,8 Millionen Zuschauer sahen am 28. Juli 2007 Halmich im ZDF. In Rheinstetten bei Karlsruhe schlug sie in ihrem letzten Profikampf Hagar Shmoulefeld Finer aus Israel. Damit setzte sie nicht nur das letzte große Ausrufezeichen ihrer Karriere, sondern auch des deutschen Frauenboxens generell. Denn was kommt nach Halmich? Menzer schaffte es am 9. Januar 2010 noch einmal, mehr als vier Millionen Zuschauer vor die Geräte zu locken. Danach war Schluss.

Der TV-Vertrag zwischen Universum und ZDF endete am 31. Juli 2010 - das vorläufige Aus von großen Übertragungen mit dem Hamburger Boxstall, der sich als Vorreiter des deutschen Frauenboxens bezeichnet. „Das ZDF hat mit uns zusammen das Frauenboxen sehr gefördert“ - ein wenig Wehmut klingt mit, wenn Universum-Sprecher Georg Nolte an die Vergangenheit denkt. Besorgt spricht Regina Halmich über die Situation bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber: „Es sieht im Moment bei Universum nicht gut aus.“

Persönliche Lösungen sieht Halmich als vorübergehende Alternativen für die Boxerinnen. Beispielsweise für Kentikian: „Susi wird auch einen Sender finden, da bin ich mir ganz sicher.“ Doch die Verhandlungslage ist offen. Nolte: „Es finden im Moment viele Gespräche statt, wir denken in viele Richtungen.“ Es kursieren Gerüchte von einer Einzelkampfvermarktung via Internet. Regina Halmich: „Das ist alles noch Zukunftsmusik.“

Wie geht es weiter? Deutschlands zweiter großer Boxstall, Sauerland Event, setzt mit Ausnahme der Norwegerin Cecilia Braekhus nicht auf Boxerinnen. Lediglich Promoter Steinforth ist rundum zufrieden. „Alles läuft super für unsere Mädels.“ Für die Universum-Boxerinnen dagegen ist Einzelvermarktung das Zauberwort. Halmich glaubt trotz allem an bessere Zeiten für Deutschlands Boxerinnen: „Es braucht jetzt einfach ein paar Jahre. Man braucht gute Manager.“

Motivierend für aufstrebende Talente, dem Sport dennoch treu zu bleiben und die Wende einzuleiten, könnte Olympia sein. 2009 beschloss das IOC, Frauenboxen schon bei den Spielen 2012 in London zuzulassen. Halmich: „Das ist gerade bei den Amateurboxern eine gute Motivation.“ Nolte hofft gleichfalls auf den Positiv-Effekt: „Es ermöglicht eine weiter voranschreitende Professionalisierung des Sports.“ Doch bis dahin bleibt die Frage: Wo wird man vor London deutsche Frauen im Fernsehen boxen sehen?