Amateur-Boxen Vom Ignoranten zum Europameister: Baraou als WM-Vorbild
Charkiw (dpa) - Mit dem Gewinn des ersten Europameistertitels für Deutschlands Amateur-Boxer seit sieben Jahren hat Abass Baraou Appetit auf die Weltmeisterschaften in Hamburg gemacht.
„Dort will ich Gold“, verkündete der 22 Jahre alte Oberhausener mit Blick auf das Turnier vom 25. August bis zum 2. September in der Hansestadt. Der Weltergewichtler (bis 69 kg) hatte bei der EM im ukrainischen Charkiw den favorisierten Briten Pat McCormack im Finale mit 4:1 Punktrichterstimmen bezwungen und Riesenjubel im deutschen Lager ausgelöst.
„Das war eine taktische Meisterleistung“, sagte Trainer und Delegationsleiter Michael Timm. „Mit seinem hohen Tempo und tollen Oberkörperbewegungen hat er den Engländer zerstört. Das war ein Meilenstein auf dem Weg zur WM.“ Für das Weltchampionat vor heimischer Kulisse hat der Deutsche Boxsport-Verband damit einen weiteren Medaillenkandidaten neben dem Olympia-Dritten Artem Harutyunyan im Halbweltergewicht (bis 64 kg). Harutyunyan hatte die EM ausgelassen, um sich auf die WM zu konzentrieren.
Baraou ist als dreifacher deutscher Meister und zweimaliger Gewinner des renommierten Chemiepokals zwar ein bekanntes Gesicht in der Boxergemeinde. Darüber hinaus kennen ihn aber nur wenige. Das will er ändern. Trainer Ralf Dickert in Berlin hat den 1,76 Meter großen Faustkämpfer veredelt und ihn an die Weltspitze herangeführt. „Die harte Vorbereitung hat sich ausgezahlt“, meinte Baraou.
Der gebürtige Aalener, Sohn togoischer Eltern, wollte eigentlich nie zum Boxen. Übungsleiter Mohammed Guettari hatte ihn nach einem Schnuppertraining in Oberhausen dazu überredet. „Ich hatte erst abgesagt. Mit Boxen wollte ich nichts zu tun haben. Das ist langweilig“, erklärte Baraou damals, erschien dann aber doch. Heute ist er dem Sport dankbar. „Ich war ein Chaot, wusste nicht, wohin mit meiner Energie. Boxen hat mich ruhiger, zielgerichteter gemacht. Jetzt schaffe ich es, mich zu fokussieren.“
In dem zehnköpfigen deutschen Charkiw-Team waren vier WM-Starter, der Rest sollte internationale Luft schnuppern. Bis ins Viertelfinale kamen Mittelgewichtler Silvio Schierle aus Frankfurt (Oder) und Fliegengewichtler Tarik Ibrahim aus Münster. Beide verpassten aber eine Medaille. „Die junge Mannschaft hat sich toll geschlagen“, sagte Teamchef Timm. „Wir hoffen, durch den EM-Titel sind sie noch mehr angestachelt. Ein besseres Vorbild als Abass können sie nicht haben.“