Zwei Schritte bis zu Klitschkos großem Ziel

Köln (dpa) - Spätestens wenn Vitali Klitschko am 19. Juli seinen 40. Geburtstag feiert, soll die komplette Kollektion der Weltmeister-Gürtel Blickfang bei der Party sein.

Der ältere Bruder schnallt sich dann den bunt verzierten Kunststoffriemen des WBC um, der knapp fünf Jahre jüngere Wladimir Klitschko präsentiert den Bauchschmuck von WBO, IBF und WBA. Soweit die Theorie.

Ob aber die Trophäen der vier wichtigsten Box-Weltverbände tatsächlich allesamt in Familienbesitz gelangen, wie seit Jahren sehnlichst von den hünengleichen Brüdern gewünscht, steht in den Sternen. Wladimir muss Ende Juni oder Anfang Juli David Haye den WBA-Gürtel abknöpfen. Bruder Vitali ist gegen den Exil-Kubaner Odlanier Solis gefordert. Die Rede ist von Klitschkos schwerster Aufgabe seit der Niederlage gegen Lennox Lewis vor acht Jahren. Klitschkos Einsatz in der Kölner Lanxess-Arena vor 19 000 Zuschauern ist nahezu ausverkauft.

Rund elf Millionen Zuschauer werden vor den TV-Schirmen in Deutschland erwartet. „Eine sehr reizvolle Auseinandersetzung. Das ist mal wieder ein richtiges Duell, ziemlich offen“, lobt Sauerland-Trainer Ulli Wegner die Ansetzung, meint aber: „Ich denke, dass sich Vitali durchbeißen wird.“ Die Vorschusslorbeeren gehören eindeutig Klitschko: 43 Profi-Kämpfe, 41 Siege, 38 davon durch K.o., 13 WM-Kämpfe. Der neun Jahre jüngere Solis bringt es auf 17 Profi-Duelle, hat allesamt gewonnen und feiert WM-Premiere.

Solis' Manager Ahmet Öner sieht in seinem Schützling „eine neue Generation von Schwergewichtlern“. Den zumeist mit einer enorm schweren Goldkette verzierten Olympiasieger und Amateurweltmeister zeichnen Schnelligkeit und Technik aus. Ob der 15 Zentimeter kleinere Herausforderer damit aber den Koloss Klitschko aus dem Gleichgewicht bringen kann, ist fraglich.

Klitschkos Stil ist weniger technisch geprägt; er agiert gar hüftsteif, ist aber unglaublich effektiv mit dem linken Jab und beängstigend schlaggewaltig. „Ich bin viel besser“, versichert Klitschko. „Ich werde den Boxfans präsentieren, was sie sehen wollen: einen K.o.“ Das ruft Öner auf den Plan. Solis habe „jeden Gegner geschlagen, der ihm vor die Fäuste gekommen ist. So wird es auch Vitali gehen“, meint der Promoter trotzig und unterstellte Klitschko, bislang nur „irgendwelche Pfeifen weggehauen“ zu haben.

Konkurrenz-Promoter Kalle Sauerland, Sohn des Veranstalters Wilfried Sauerland, erwartet Spannung. „Solis war als Amateur einer der Besten. Als Profi wird das seine erste große Prüfung. In dem Kampf steckt Dynamit.“ Die Chancen siedelt Sauerland junior bei 50:50 an, wenn „Solis durchtrainierter als zuletzt“ in den Ring steige.

Der Euphorie anschließen kann sich Jean-Marcel Nartz, Präsidiumsmitglied des Europäischen Box-Verbandes (EBU), nicht. „Es wird nicht ganz so einseitig, wie wir es bisher gewohnt waren. Dennoch wird es ein klarer Klitschko-Sieg“, meint Nartz. „Boxerisch kann Solis mithalten, aber er kann nicht hauen. Große Frage: Hat er auch die nervliche Substanz?“