Fußball Das Derby: Rhein in Flammen in Müngersdorf

Köln · Der 1. FC Köln empfängt Fortuna Düsseldorf – immer noch nur in der vielleicht attraktivsten 2. Liga der Welt. Aufstiegspflicht trifft auf Aufstiegshoffnung

Rot und Weiß - darin vereint sind die beiden rheinischen Rivalen in einem Zweikampf aus dem Hinspiel im September mit Jona Niemiec (l.) und Julian Pauli.

Foto: Moritz Mueller

Wann nimmt das Elend wieder ein Ende? Was haben der 1. FC Köln und Fortuna Düsseldorf nur in der 2. Liga zu suchen? Antwort: den Aufzug für die Rückkehr ins Oberhaus des deutschen Fußballs. Für den 1. FC Köln ist es angesichts seiner finanziellen Lage fast schon eine Überlebenspflicht, den Lift zu finden. Für die Fortuna aus Düsseldorf wäre es eine sehr angenehme Überraschung. Und für die Fußball-Bundesliga wäre es ein Geschenk, die beiden mit so viel Sportgeschichte aufgeladenen Vereine vom Rhein wieder im Spielbetrieb zu haben. Sie fehlen, wie auch Schalke, Hertha BSC und der Hamburger SV der Bundesliga fehlen. Allein diese Namen beschreiben schon die seltsame Ambivalenz der 2. Fußball-Bundesliga. Angesichts der großen Namen und der großen Stadien gilt sie als die erfolgreichste und beste Liga der Welt. Gleichzeitig erzeugt diese Liga durch ihre Konstellation einen Magnetismus, dem sich beispielsweise der große Hamburger SV nun schon seit Jahren nicht mehr entziehen kann. Anscheinend wird der Aufstieg schwieriger, je länger der Abstieg her ist.

Rückkehr von Schwäbe ins Tor stabilisierte die Abwehr

Vor diesem Hintergrund treffen am Sonntag in der Kölner Rhein Energie-Arena zwei Vereine aufeinander, die in ihrem Selbstverständnis natürlich zur Bel Etage des deutschen Fußballs gehören. Und beide haben in diesem Jahr realistische Chancen, aufzusteigen. Das liegt allerdings nicht unbedingt an eigener Stärke, sondern daran, dass das spielerische Mittelmaß in der 2. Liga in dieser Saison so breit ist, dass selbst Karlsruhe auf Platz zehn bei neun Punkten Rückstand auf Platz zwei trotz Leistungsdelle im Aufstiegsrennen noch nicht aussichtslos ist.

Umso wichtiger sind am Sonntag vor selbstverständlich ausverkauftem Haus die drei Punkte, die im rheinischen Derby zu vergeben sind. Aber selten war es so schwierig, ein Ergebnis vorherzusagen, wie vor diesem Treffen der beiden Traditionsvereine. Köln ist zuletzt sang- und klanglos mit einer 0:3 Niederlage von der Dienstreise nach Magdeburg zurückgekehrt. Und in Düsseldorf rätselt der sehr selbstkritische Cheftrainer Daniel Thioune immer noch, wie es seiner Mannschaft gelingen konnte, sehr starke und über weite Strecken des Spiels deutlich bessere Herthaner mit 2:1 besiegen zu können. Der Tabellenplatz seines Teams sei besser als die Qualität, sagt der Trainer sinngemäß. Der Verein habe vor der Saison bessere Spieler verloren, als er fortan entwickeln konnte. Aber ganz so schlecht sind sie offenbar auch wieder nicht.

Und der FC? So richtig in Schwung gekommen ist das Team von Trainer Gerhard Struber (47) noch nicht. Spektakulär wird es selten, wenn die Geißbock-Elf antritt. Im Gedächtnis hält sich da hartnäckig die 5:0-Gala gegen Eintracht Braunschweig aus der Hinrunde. Davor und danach gab es viele Zu-Null-Spiele zugunsten der Kölner. Es gab aber auch viel Unsicherheit, weil es im Spiel nach vorn häufig an Tempo und Kreativität mangelt. Dafür ist es Struber gelungen, die Defensive zu betonieren. Einen Hauptbeitrag dazu leistete die Rückkehr des schon in Ungnade gefallenen Torhüters Marvin Schwäbe. Er ersetzte vor einigen Wochen für viele überraschend den hochtalentierten U-21-Nationalspieler Jonas Urbig, der mittlerweile bei Bayern München unter Vertrag steht. Der Erfolg gibt dem Trainer recht. Köln hat nach Hannover 96 die beste Defensive der Liga. Nur mit dem Toreschießen will es trotz solcher Hochkaräter wie beispielsweise Tim Lemperle und Luca Waldschmidt nicht recht funktionieren.

Dieses Schicksal teilt Köln mit dem kommenden Gegner. 36 beziehungsweise 39 Tore nach 22 Spielen sind nicht unbedingt aufstiegsverdächtig. Dabei verfügt Fortuna Düsseldorf in Dawid Kownacki über einen Stürmer, der sich nach seinem Bundesliga-Jahr in Bremen wieder gefangen hat. Er war mit zwei Vorlagen einer der Garanten des glücklichen Erfolges gegen Hertha BSC Berlin. Und das hat seinem Selbstvertrauen offenbar einen weiteren Schub verliehen. „Wenn wir uns von unserer besten Seite zeigen, dann kann uns keiner schlagen“, sagte der 27 Jahre alte Pole im Gespräch mit der Bild-Zeitung.

Zigtausend Fans drücken
ihren Klubs die Daumen

Das gilt so sicher aber auch für den 1. FC Köln. Ihm sagt die Konkurrenz nach, im Grunde mit einem Erstliga-Kader durch die Saison zu gehen. Tatsächlich hat es wegen der Transfersperre auch nicht allzu viel Veränderung im Team gegeben, das eigentlich unerwartet aus der Bundesliga abgestiegen ist. Im Winter durfte der FC auf dem Spielermarkt wieder zugreifen und tat das mit Jusuf Gazibegovic von Champions-League-Teilnehmer Sturm Graz. Doch ganz angekommen ist der bosnische Rechtsverteidiger noch nicht in der 2. Liga, was auch für die Qualität des Unterhauses spricht. Dem „Geissblog“ verriet der Nationalspieler jetzt außerdem: „Die Umstellung auf Dreierkette habe ich mir ehrlicherweise ein bisschen leichter vorgestellt.“ Aber er wird sich daran gewöhnen müssen. Denn auch diese Defensivformation hat dazu beigetragen, dass bei den Kölnern ungewöhnlich oft die Null steht. Und wenn die alte Fußballweisheit der Wahrheit entspricht, dass Stürmer Spiele gewinnen und Verteidiger Titel, dann könnte Gerhard Struber nach dem 34. Spieltag alles richtig gemacht haben. Spätestens ab Sonntag ist jedes Spiel ein Fingerzeig darauf, wer es am Ende in den Aufzug zur Bundesliga schaffen kann. In Köln und Düsseldorf drücken Zigtausende ihren Klubs die Daumen, und für Nordrhein-Westfalen wäre es nicht schlecht, wenn beide Clubs vom Rhein den Weg zum Lift fänden.