Eishockey-WM Eishockey-Deutschland ist bereit, es mit den Großen aufzunehmen
Bratislava · Moritz Seider steht stellvertretend für die deutsche Mannschaft. Dem 18-jährigen Verteidiger genügt es nicht, Teams wie Tschechien herauszufordern. Er will sie auch bezwingen
Man kann es kaum glauben, dass der Bursche erst 18 Jahre alt ist. Moritz Seider steht schweißgebadet im Bauch der Ondrej-Nepela-Arena von Bratislava und erklärt in druckreifen Sätzen die deutsche Eishockey-Welt. Die ist nach dem 1:5 der deutschen Nationalmannschaft im WM-Viertelfinale gegen die Tschechische Republik zwar kurzzeitig nicht rosarot, doch auch dafür findet der Verteidiger die passenden Worte: „Wir haben es den Tschechen über 50 Minuten schwergemacht. Dann waren wir hinten zu inkonsequent und wollten vieles spielerisch lösen und haben ihnen Freifahrtscheine gegeben.“ Für den Gegner geht es ins Halbfinale gegen Kanada, für die deutsche Mannschaft zurück in die Heimat.
Zwei Drittel lang hielten die Deutschen, die durch Frank Mauer die 1:0-Führung des zwölffachen Weltmeisters ausglichen, offen. Es wäre locker ein Sieg drin gewesen, denn im Gegensatz zum stabilen Torwart Philipp Grubauer wirkte sein Gegenüber Patrick Bartosak unsicher und nervös. Doch nach dem 2:1 durch Tschechiens Kapitän Jakub Voracek verlor die Mannschaft von Bundestrainer Toni Söderholm den Faden. „Wir alle wollten den großen Traum wahr werden lassen. Aber wir haben zu viel zugelassen“, meinte Verteidiger Seider.
Am Turnier-Ende bleibt dennoch ein positiver Eindruck, wie nicht nur Seider erzählt: „Das war die erste WM von Toni. Wir sind als Einheit super zusammengewachsen. Das hat man von draußen sehen können.“ Konnte man, denn anders als in den Vorjahren beschränkt sich die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes nicht auf die urdeutschen Eishockey-Tugenden: kämpfen und laufen. Auch mit der Scheibe können die Profis mit dem Adler auf der Brust etwas anfangen.
Zwar verpasste das Team den erstmaligen Halbfinal-Einzug seit 2010 in Deutschland, doch die Auftritte beim WM-Turnier in Kosice und Bratislava lassen für die Zukunft hoffen. Dafür sorgen Typen wie Seider, der sich alleine in der vergangenen Saison „unglaublich weiterentwickelt“ hat, wie Söderholm lobt. Dem 18-Jährigen vom Meister Mannheim gehört die Zukunft, selbst wenn er wegen einer Verletzung einige Partien aussetzen musste. Bei der Ziehung der Talente in der National Hockey League dürfte der deutsche Nationalspieler sehr weit vorne landen, was ein Qualitätsmerkmal und eine hohe Auszeichnung zugleich ist.
Zunächst konzentrierte sich Seider jedoch auf die WM-Analyse: „Wir haben die Einstellung, dass wir auch mit den Großen mitspielen und sie schlagen können.“ Mit dem 4:2 gegen Finnland hatte das die deutsche Mannschaft zuvor untermauert, dass sie den starken Eishockey-Nationen auf den Fersen ist. Mit dem sechsten WM-Platz festigte das Team den achten Platz in der Weltrangliste, der vielleicht noch wichtiger als der Viertelfinal-Einzug ist. Denn nun ist die Mannschaft von Söderholm ohne den Umweg über die Qualifikation 2022 in Peking dabei. Das bedeutet Fördergeld vom Bund. Neue Trainer können eingestellt werden und den Nachwuchs weiter fördern. „Man hat gesehen, dass wir einiges verändert haben in den vergangenen Jahren. Wir sind unheimlich scheibensicher geworden und wollen uns nicht mehr verstecken hinter den großen Nationen“, skizziert Verteidiger-Talent Seider die Entwicklung, die an ihm selbst am besten abzulesen ist. Viele junge Spieler zählen zur Auswahl des Bundestrainers.
Das lässt für die WM nächstes Jahr in Zürich und Lausanne hoffen. Für Moritz Seider geht es nach der WM kurz in den Urlaub. Danach lockt mit dem Draft, der Talentziehung, die National Hockey League, die beste Liga der Welt. Seider wird es eher über kurz statt lang dorthin schaffen. „Da kommt einiges auf mich zu.“