ERC Ingolstadt schreibt „unglaubliche Geschichte“

Köln (dpa) - Mit der Schlusssirene entlud sich die Freude der Ingolstädter Eishelden in einem wilden Kufen-Tanz. Handschuhe, Stöcke und Helme flogen bereits beim Countdown der nach Köln mitgereisten Fans im hohen Bogen in die Luft.

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„Das ist eine unglaubliche Geschichte. Die hätte kein Stephen King oder Steven Spielberg besser schreiben können, so wie die Saison gelaufen ist“, sagte der zum besten Playoff-Spieler gekürte Patrick Köppchen.

Mit dem 2:0 im siebten und entscheidenden Finalspiel bei den favorisierten Kölner Haien feierte der ERC Ingolstadt nicht nur den ersten Meistertitel in der 50-jährigen Clubhistorie. Die Oberbayern vollendeten am Dienstagabend auch einen beispiellosen Lauf und verblüfften die deutsche Eishockey-Fachwelt.

Köln war die letzte Station auf dem Triumphzug der Ingolstädter durch die deutschen Eishockey-Hochburgen. Vorjahresmeister Berlin, Ex-Champion Krefeld und der Vorrundenmeister Hamburg - sie alle waren bereits vor den Haien Opfer der Ingolstädter „Panther“. Dabei musste der ERC über 21 Playoffspiele gehen - ein Topwert.

„Das ist unreal, traumhaft, unfassbar. Keiner hat aufgegeben, jeder hat an den anderen geglaubt. Deswegen liebe ich diesen Sport, weil man als Team Talent besiegen kann. Ich glaube, das dauert auch noch ein wenig, bis das in den Köpfen ist“, sagte Köppchen, der nun mit 33 Jahren sogar vor einem Comeback in der Nationalmannschaft bei der WM in Minsk steht.

Und das nach einer Katastrophen-Hinrunde, in der der gut bestückte Kader - mal wieder - den hohen Erwartungen nicht gerecht zu werden schien. Ingolstadt rettete sich als Neunter in die Vorplayoffs und startete das Eis-Märchen. „Wir sind durch so viel Scheiße gegangen“, bemerkte Patrick Hager im Überschwang drastisch. „Im Januar wollten viele von uns schon ihre Koffer packen. Da haben wir zusammen gefeiert, obwohl es nichts zu feiern gab. Das hat uns zusammen geschweißt“, meinte der überragende Keeper Timo Pielmeier, ehe er sich mitten in die fast kindliche Freude der Kollegen stürzte.

Meistertrainer Niklas Sundblad bekam die erste kräftige Sektdusche, die bereitgestellten Bierkästen wurden in Windeseile geleert, bevor Captain Tyler John Bouck aus den Händen von DEL-Geschäftsführer Gernot Tripke im goldenen Konfettiregen den Pokal entgegen nahm.

„Das ist ein unglaubliches Gefühl. Das muss man einfach genießen. Ich bin einmal Meister als Spieler und nun einmal als Trainer in 25 Jahren Profi-Eishockey. Das passiert nicht so oft“, sagte Sundblad, der bei der Kölner Final-Niederlage im vergangenen Jahr gegen die Eisbären Berlin noch Co-Trainer von Uwe Krupp und bei der letzten Kölner Meisterschaft 2002 als Spieler dabei war. Der Schwede stand in Ingolstadt während der problematisch verlaufenen Vorrunde schon vor dem Aus, seine Zukunft ist noch ungewiss. „Momentan habe ich keinen Vertrag. Ich würde gerne bleiben“, sagte Sundblad.

In den nächsten Tagen geht in Ingolstadt, wo am Dienstagabend spontan mit Autokorsos gefeiert wurde, die Post ab. Davon ist Köppchen überzeugt: „Ich denke, dass wir auf keinen Fall verdursten. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Menge Spaß haben werden.“

Bei der Rückkehr auf dem Flughafen Manching gegen 2.00 Uhr am frühen Mittwochmorgen wurde das Team von rund 250 Fans begeistert empfangen. Von dort aus ging es in eine Diskothek. „Als ich die Disco um 07.30 Uhr verlassen habe, waren die meisten Spieler noch da“, berichtete Club-Sprecher Claudius Rehbein. Am Samstag folgt ein offizieller Autokorso von der Arena zum Alten Rathaus, wo sich das Team ins goldene Buch einträgt.

Still und leise wird man beim achtmaligen deutschen Meister Köln am Donnerstag im Trainingszentrum die Saison beenden. Zu tief sitzt der Frust nach der erneuten Finalpleite. „Diese Niederlage tut weh, das ist ein hartes Ding“, bekannte Haie-Coach Krupp. Der zweimalige Stanley-Cup-Sieger verließ die Halle noch vor der Siegerehrung mit Tränen in den Augen.