Deutsche Eishockey-Cracks wieder vor NHL-Alltag

Boston (dpa) - Bei der Rückkehr in ihre Wahl-Heimat USA mussten sich die deutschen Eishockey-Cracks erst wieder zurechtfinden. Dennis Seidenberg hat nach seinem Deutschland-Intermezzo hier und da noch Verständigungsprobleme in der Familie, Marcel Goc kann sich immerhin über besseres Wetter freuen.

Nach dem monatelangen Lockout und dem Ausweichprogramm in Deutschland heißt es für die deutschen Eishockey-Nationalspieler in der nordamerikanischen Profiliga ab sofort wieder „back to business“. Wenn die knapp 700 NHL-Profis den neuen Arbeitsvertrag am Samstag per elektronischer Abstimmung ratifizieren, können die Trainingscamps sofort und am 19. Januar auch die neue Spielzeit starten. „Schön, dass die NHL-Saison beginnt“, sagte Seidenberg von den Boston Bruins.

Der Verteidiger und Stanley-Cup-Sieger von 2011 hatte bei seiner Rückkehr nach Boston mit anfänglichen Schwierigkeiten zu kämpfen, sein erster längerer Besuch in Deutschland nach sieben Jahren wirkte doch etwas nach. „Ich fange manchmal an, Deutsch mit den Jungs hier zu sprechen“, erzählte der 31-Jährige der Nachrichtenagentur dpa.

Seit Dienstag arbeitet er täglich mit den Teamkollegen. „Derzeit ist freies Training. Das ist zwar besser als nichts, aber ich freue mich schon auf die richtig fetten Einheiten mit unserem Coach.“ Seidenberg ist topfit aus der Deutschen Eishockey Liga (DEL) nach Boston zurückgekommen. Andere Bruins-Mitspieler blieben in Nordamerika und organisierten dort private Trainingsgruppen.

Der Abwehrroutinier wurde am Sonntag während der Vorbereitung auf das Spiel seiner Adler Mannheim in Nürnberg von Andrew Ference per SMS über das Ende des Lockouts informiert. „It's done“ stand in der kurzen Mitteilung des Teamkollegen, der bei den letzten Verhandlungen zwischen Besitzern und Spielergewerkschaft NHLPA in New York dabei war. „Ich bin zwar immer optimistisch geblieben, aber die Angst, die komplette Saison zu verlieren, war schon da“, so Seidenberg.

Zusammen mit Goc (Florida Panthers) hatte Seidenberg seit Oktober den Tarifstreit mit einem Gastspiel bei den Adlern überbrückt. Christian Ehrhoff kehrte zu den Krefeld Pinguinen zurück, Alexander Sulzer (beide Buffalo Sabres) spielte in Ingolstadt und Thomas Greiss (San Jose Sharks) hütete das Tor der Hannover Scorpions. Für sie alle stand nach der Einigung nun der Rückflug nach Übersee an. Am Freitag packte dann auch Jochen Hecht in Mannheim seine Koffer. Wie die Adler mitteilten, kehrt der Routinier am Samstag nach Buffalo zurück.

So schön die Zeit in Deutschland inklusive Feiertage mit der Familie und Weihnachtsmarkt-Besuch auch war, so sehr freut sich Goc nun wieder auf Nordamerika - nicht nur des Wetters wegen. „Ich bin am Mittwoch bei null Grad in Deutschland abgeflogen und bei 29 Grad in Miami gelandet“, berichtete der Stürmer freudig.

Am Donnerstag schaute er gleich im Eisstadion vorbei, konnte selbst aber nur im Kraftraum auf einem Fahrrad etwas Ausdauertraining machen. Aufgrund seiner beim Spengler Cup erlittenen Verletzung am Sprunggelenk wird Goc noch rund zwei Wochen fehlen.

In Deutschland stand er ebenso wie Seidenberg und Ehrhoff im medialen Mittelpunkt. Das Trio war Gast im ZDF-Sportstudio und hatte zahlreiche weitere Pressetermine. „Es war schon mehr Interesse, aber das war gut für die Liga und das Eishockey in Deutschland“, befand Goc. In Florida steht der 29-Jährige ab sofort wieder im Schatten der Stars wie Brian Campbell oder Kris Versteeg - hat damit aber „überhaupt kein Problem“. Hauptsache die Saison beginnt endlich.

Wenn sich Teambesitzer und Spielergewerkschaft nicht bis zum 10. Januar geeinigt hätten, wäre die Spielzeit 2012/13 von Liga-Boss Gary Bettman gestrichen worden. „Noch eine verlorene Saison wäre eine Katastrophe gewesen“, sagte Ehrhoff. Als beim Lockout 2004/05 kein Konsens erzielt werden konnte, wurde die Saison abgesagt.

Den neuen Zehnjahresvertrag, der eine 50:50-Aufteilung der Jahreseinnahmen vorsieht, empfinden Seidenberg und Goc als „guten Deal“, obwohl sie künftig sieben Prozent weniger verdienen. Zwar haben Profis wie Eigner durch den 113 Tage dauernden Tarifstreit knapp 40 Prozent der Gelder dieser Saison verloren - bei Ehrhoff sind das immerhin 3,2 Mio. Dollar. „Trotzdem war es den Arbeitskampf wert“, betont Goc. Das erste Angebot der Besitzer habe schließlich bei 43 Prozent gelegen und sei „ein Schlag ins Gesicht“ gewesen.