Heim zu Mama WM-Traumeinstand für NHL-Star Draisaitl

Köln (dpa) - Sandra Draisaitl ist derzeit vielleicht die wichtigste Person im deutschen Eishockey. Die Mama des in dieser Saison zum NHL-Star aufgestiegenen Leon Draisaitl soll den Ausnahmekönner im deutschen Team bis zum Alles-oder-Nichts-Spiel am Dienstag gegen Lettland so richtig fit machen.

Foto: dpa

Der 21-Jährige durfte in der Nacht zum Sonntag bei seiner Mutter übernachten und mit ihr den Muttertag verbringen, wie Bundestrainer Marco Sturm nach Draisaitls WM-Traumeinstand beim 4:1 gegen Italien verriet. „Das hat er sich auch verdient.“

Keine zehn Stunden nach seiner Landung in Frankfurt am Main führte der Jungstar der Edmonton Oilers das deutsche Team am Samstagabend bei der Heim-WM zu einem eminent wichtigen Sieg. In Köln, in seiner Heimatstadt, wollten die 18 712 begeisterten Zuschauer in der ausverkauften Arena ihren Helden gar nicht mehr gehen lassen.

Immer wieder feierten sie den Weltklassespieler mit Sprechchören, immer wieder grüßte der Jetlag-geplagte, aber emotional aufgewühlte Draisaitl in die Menge. „Ich bin hier aufgewachsen. Ich habe hier angefangen, Eishockey zu spielen und habe viel gelernt. Natürlich ist das etwas Besonderes für mich, hier zu spielen“, sagte Draisaitl nach seinem ersten Spiel bei seiner insgesamt dritten WM für Deutschland.

Am Sonntag versuchte NHL-Torhüter Philipp Grubauer den Druck von Draisaitl und sich selbst vor dem abschließenden Vorrundenspiel zu nehmen. „Es ist nicht der Leon allein oder ich allein oder nur die NHL-Spieler. Wir müssen als Mannschaft Leistung bringen“, sagte er.

Im direkten Duell mit den Letten hat die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) die Möglichkeit, die erneute Qualifikation für das Viertelfinale perfekt zu machen. „Man kann das als Achtelfinale sehen. Wer gewinnt, ist im Viertelfinale“, sagte Deutschlands WM-Topscorer Dominik Kahun.

Entscheidenden Anteil daran hatte der vermeintliche Heilsbringer auch dank seiner Mutter. „Er ist direkt nach Hause, hat von der Mama was zu essen bekommen und noch ein paar Stündchen geschlafen“, berichtete Sturm über die Zeit nach Draisaitls strapaziösem Neun-Stunden-Flug aus Calgary. „Es ist natürlich logisch, dass ich nicht bei 100 Prozent bin und nicht ganz ausgeruht bin. Aber keine Ausreden. Ich wollte hier sein, ich wollte der Mannschaft helfen. Und ich denke, dass es ein gelungener Start war“, sagte Draisaitl.

Nach dem Playoff-Aus der Edmonton Oilers nur knapp drei Tage vor dem Italien-Spiel hatte Sturm seinen besten Mann nachnominiert, damit der 21-Jährige Deutschland noch ins Viertelfinale führt. Draisaitl bekam vom Coach dafür liebend gerne eine Sonderrolle zugestanden.

„Er macht alle Spieler besser, egal, wer auf dem Eis ist“, lobte Sturm den Playoff-Topscorer der Oilers. Keine vier Minuten waren gegen einen allerdings schwachen Gegner am Samstag gespielt, da bediente Draisaitl Kapitän Christian Ehrhoff mit einem tollen Pass vor dem 1:0. „Leon gibt uns qualitativ einen ganz großen Schub nach vorne. Man hat heute schon gesehen, dass seine Pässe, die er spielen kann, einfach eine ganz hohe Qualität haben“, erklärte Ehrhoff.

Auch Draisaitls Sturmpartner Matthias Plachta, der den zweiten Treffer schoss (19.), war begeistert. „Das ist schon unglaublich, was der Junge drauf hat“, sagte der Mannheimer. Sturm musste sich genau überlegen, zu welchen Spielertypen er Draisaitl stellt. „Es ist ja nicht so, dass jeder mithalten kann mit Leon“, sagte Sturm.

Es funktionierte gegen Italien, muss nun aber auch im ungleich schwierigerem Duell mit den bislang überraschend starken Letten klappen. „Es ist klar, dass das Lettland-Spiel das Wichtigste für Deutschland bei diesem gesamten Turnier wird. Es wird ein enges, hartes Spiel werden, und ich erwarte einen großen Kampf“, sagte Draisaitl. Verliert das DEB-Team, ist die WM nicht nur für ihn schon wieder vorbei. „Wir haben eine supercoole Truppe zusammen. Ich hoffe, dass wir noch ein paar Tage Spaß haben“, meinte Draisaitl.

Allein durch seine und Philipp Grubauers Ankunft ist eine neue Lockerheit und vor allem auch Sicherheit im Team zu spüren. Auch den NHL-Torhüter der Washington Capitals hatte Sturm wegen der Verletzung von Thomas Greiss einfliegen lassen. Gegen Italien saß Grubauer aber nur auf der Bank. „Der Sieg heute, das Ankommen von Leon und Philipp - das ist alles positiv“, sagte Kapitän Ehrhoff.