Freund der Sportler und Kritiker: Beucher zeigt Flagge
Krasnaja Poljana (dpa) - Mit dem Verzicht auf ein Mittagessen bei Russlands Präsident Wladimir Putin hat Verbandschef Friedhelm Julius Beucher bei den Paralympics ein Zeichen gesetzt. Auch sonst ist der SPD-Mann allgegenwärtig - für seine Sportler und seinen Verband.
Am Tag, als Wladimir Putin zum Mittagessen geladen hatte, verließ Friedhelm Julius Beucher im Ausgehanzug der deutschen Paralympics-Mannschaft sein Hotel im Alpinzentrum Rosa Chutor. Doch nicht für das Mahl mit Russlands Staatschef hatte sich der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) fein gemacht. Putin gab der 67 Jahre alte Sportfunktionär einen Korb und widmete sich stattdessen lieber der letztlich erfolgreichen Sportgerichtsverhandlung von Anna Schaffelhuber. „Ich habe dafür überwiegend Respekt bekommen, nicht nur über Facebook, sondern auch per Mail“, berichtete er über die Reaktionen.
Beucher, der an den Paralympics-Sportstätten fast nie ohne seine deutsche Fahne zu sehen ist, zeigt in Sotschi politisch Flagge. Angesichts des weiter ungelösten Konflikts zwischen Russland und der Ukraine bezieht der SPD-Politiker Stellung zugunsten der Ukrainer. „Uns verbinden freundschaftliche Kontakte“, sagte Beucher. Er hat das ukrainische Team für diesen Samstag ins Deutsche Haus nach Krasnaja Poljana eingeladen. „Wir wollen ja nicht nur politisch zeigen, dass wir zu ihnen stehen.“
Noch mehr als ein politischer Verbandschef ist der ehemalige Schulrektor ein Präsident der Sportler. In Sotschi eilt er von Wettkampf zu Wettkampf und lässt sich keine Siegerehrung seiner Athleten entgehen. Ein freundliches Wort, ein herzliches Drücken oder ein tröstendes Umarmen - die Sportler, die bei den Spielen in Russland die Aushängeschilder seines Verbandes sind, liegen ihm am Herzen. „Für sie bin ich ein persönlicher, fast schon intimer Ansprechpartner. Sie stehen bei mir ganz oben“, sagte Beucher. Von den rund 650 000 Mitgliedern des Verbandes, dem er seit 2009 vorsteht, betreiben die wenigsten Spitzensport.
In den Bergen des Kaukasus und am Schwarzen Meer gönnt sich der frühere Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Sportausschusses keine Pause. Die neun Tage Paralympics sind für ihn „eine einmalige Gelegenheit“, seine Top-Athleten und damit auch seinen Verband medienwirksam zu präsentieren. „Mit seiner Historie als Abgeordneter hat er viele Kontakte. Das bringt unseren Verband natürlich voran“, urteilte der deutsche Chef de Mission, Karl Quade.
Zur Kontaktpflege mit Politikern, Sponsoren, Funktionären, Sportlern und Medienvertretern ist Beucher gefühlt 24 Stunden pro Tag im Einsatz. „Ich habe eine gute Kondition. Ich lebe diese Aufgabe. Es ist ein exzessives Ehrenamt“, erzählte er. 500 Euro Aufwandsentschädigung bekommt Beucher - pro Jahr.