1860-Ehe mit Ismaik vor dem Aus

München (dpa) - Beim TSV 1860 München geht es einmal mehr ums Ganze. Nach einem monatelangen Machtgezerre zwischen dem jordanischen Investor Hasan Ismaik und den Clubverantwortlichen sind nun die Fans an der Reihe.

Bei der außerordentlichen Delegiertenversammlung am Donnerstag werden heftige Diskussionen über die zukünftige Ausrichtung des Fußball-Zweitligisten erwartet. Erst Recht, nachdem der Zwist zwischen Ismaik und dem Verein endgültig eskaliert ist und der Jordanier seinen Rückzug angekündigt hat.

Für die rund 200 bis 250 Delegierten, die die 1860-Mitglieder bei der Versammlung vertreten werden, ist eine Frage entscheidend: Stehen sie zu ihrem neuen Präsidenten Hep Monatzeder und bestätigen ihn satzungsgemäß - oder lassen sie ihn wieder fallen. Eine einfache Mehrheit reicht dem Grünen-Politiker, der erst vor gut einem Monat die Geschäfte vom zurückgetretenen Dieter Schneider übernommen hatte.

Jede Stimme für Monatzeder ist allerdings gleichzeitig eine gegen den finanzkräftigen Investor Ismaik und dessen Bleiben. Jedenfalls, sofern der arabische Geldgeber mit seiner außerordentlichen Kündigung dreier Darlehensverträge in Höhe von insgesamt 9,3 Millionen Euro durchkommen würde; notfalls auch vor Gericht.

Nur im Falle einer personellen Neuausrichtung beim Traditionsclub sei Ismaik bereit, „Verhandlungen über ein erneutes finanzielles Engagement zu führen“, ließ er am Dienstag in einem Schreiben seines Münchner Anwalts Michael Scheele mitteilen. „Mit der Kündigung dreier Darlehensverträge wollte Herr Ismaik ein Zeichen setzen und sagen: Wenn es so weitergeht, ist mein ganzes Investment gefährdet“, sagte Scheele am Mittwoch der dpa. Zuvor hatten Monatzeder & Co. Ismaik düpiert, indem sie gegen dessen ausdrücklichen Willen die Verträge mit Trainer Alexander Schmidt und Sportchef Florian Hinterberger verlängert hatten.

Bei der Versammlung in Planegg bei München droht eine Zerreißprobe unter den Delegierten. Der Verein hatte Ismaiks außerordentlichen Kündigung zwar prompt widersprochen und postwendend auf die Gültigkeit der Verträge hingewiesen. Um aber eine langwierige juristische Auseinandersetzung mit Ismaik zu verhindern und damit im Extremfall auch eine mögliche Insolvenz des Vereins, könnten einige Mitglieder den Weg des geringeren Widerstands bevorzugen, um den Araber-Millionär Ismaik irgendwie bei Laune halten. „Wir gehen einer solchen Klärung nicht aus dem Weg. Aber wir hoffen im Interesse des Clubs, dass es nicht dazu kommt“, sagte Scheele zu einem möglichen Gerichtsprozess. Gleichwohl zeigte er sich sicher, „dass die Mehrheit der Delegierten Herrn Monatzeder nicht bestätigen wird“. Nicht nur wegen „der Diskrepanzen mit Herrn Ismaik, sondern weil allseits beklagt wird, dass das Management nicht gut arbeitet“.

Beim Zwist ums große Ganze fällt ein anderer Tagesordnungspunkt fast hinten runter - obwohl auch dieser durchaus Zündstoff birgt. Die Delegierten könnten nämlich bei der Versammlung eine Art „Neues Grundgesetz“ im Verein einführen - und sich damit auch selbst abschaffen, wie es ein Antrag der Interessenvertretung PRO1860 vorsieht. Ziel sind stärkere Mitgliedsrechte und die Wiedereinführung von Mitglieder- anstatt von Delegiertenversammlungen. Die erste ordentliche Mitgliederversammlung könnte im Erfolgsfall bereits im Mai oder Juni 2013 zusammenkommen, hieß es in einer Stellungnahme.