Darmstadt - ein Aufsteiger mit vielen Baustellen
Darmstadt (dpa) - Die Brille von Rüdiger Fritsch ging im Feiertrubel zu Bruch. Der Präsident des SV Darmstadt 98 braucht nun schnell einen adäquaten Ersatz - denn in den kommenden Tagen muss er an vielen Stellen ganz genau hinsehen.
Während die Mannschaft auf Mallorca den sensationellen Aufstieg in die Fußball-Bundesliga feiert, laufen in Südhessen die Planungen für die kommende Spielzeit auf Hochtouren. Im Zusammenspiel mit den sportlichen Verantwortlichen, allen voran Trainer Dirk Schuster, gilt es zunächst, möglichst schnell einen schlagkräftigen Kader zusammenzustellen.
Im vergangenen Jahr konnte man bis auf Keeper Jan Zimmermann frühzeitig alle Stammspieler binden. Das sieht derzeit anders aus. Die Vertragsverhandlungen mit Mittelfeldspieler Hanno Behrens wurden im April für gescheitert erklärt - auch wenn nach dem Aufstieg möglicherweise noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Auch die Arbeitspapiere der beiden Verteidiger Romain Brégerie und Leon Balogun laufen Ende Juni aus.
Zudem muss die Mannschaft gezielt verstärkt werden. Das gilt besonders für die Offensive. Gerade 44 Tore erzielten die „Lilien“ in den 34 Partien der abgelaufenen Spielzeit. Für die Verantwortlichen ist die Suche nach geeigneten Spielern eine große Herausforderungen. Bislang hat Trainer Dirk Schuster wegen des geringen Etats vor allem auf Spieler gebaut, die bei anderen Vereinen gescheitert oder ausgemustert waren. Dabei war es ihm besonders wichtig, dass die Chemie im Team stimmte. „Mentalität schlägt Qualität“ lautet sein Credo. Nun Spieler zu finden, die finanzierbar und charakterlich einwandfrei sind und zugleich den deutlich höheren Anforderungen der Bundesliga genügen, wird deutlich schwieriger sein.
„Wenn man besser sein will als andere, muss man dann weitermachen, wenn andere aufhören“, sagte Fritsch. Entgegen kommt den „Lilien“ dabei, dass sie wie schon die vergangenen beiden Jahre krasser Außenseiter sind. So wird Schuster auch im dritten Jahr hintereinander die Parole Klassenverbleib ausgeben - und damit wieder einen Großteil des Drucks vom Team nehmen können. Dass die Mannschaft unbelastet von großen Erwartungen aufspielen konnte, war und ist ein beträchtlicher Erfolgsfaktor in den vergangenen Jahren.
Die größte Baustelle wird aber das neue Stadion sein. Denn bei aller Begeisterung für den Charme des Böllenfalltors - die Arena ist marode und unrentabel. Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) versprach kürzlich, die neue Spielstätte werde im Jahr 2018 kommen. Doch das ist eine optimistische Schätzung - angesichts der vielen Unwägbarkeiten.
So muss die Stadt als Eigentümerin und Bauherr unter anderen anders als zunächst vorgesehen ein Bauleitplanverfahren durchführen. Einsprüche oder sogar Klagen von Bürgern würden den Baubeginn weiter verzögern. Und die sind durchaus zu erwarten. Denn das Stadion liegt am Rande eines der besten Stadtviertel Darmstadts - und dort hält sich die Fußball-Begeisterung angesichts von Müll, Verkehrschaos und in die Vorgärten urinierenden Fans an Spieltagen in Grenzen.
Zunächst können die „Lilien“ aber weiter im alten Stadion am Böllenfalltor spielen. Die Auflagen der Deutschen Fußball Liga für die kommende Saison seien erfüllbar, heißt es vom Verein. Es geht dabei vor allem um die Medienarbeitsplätze und die sanitären Einrichtungen. Mit einer Kapazität von derzeit 16.150 Zuschauern ist die Spielstätte sogar noch etwas größer als die Arena des SC Paderborn bei dessen Bundesliga-Intermezzo in der abgelaufenen Saison. In Darmstadt träumt man natürlich davon, dass es für die „Lilien“ zu mehr als nur einem Jahr in der höchsten deutschen Spielklasse reicht.