Fenin will jetzt durch Leistung zurückzahlen
Cottbus (dpa) - Am Ende des Spiels war er schon fast wieder ein ganz normaler Fußball-Profi - vielleicht der größte Erfolg für Martin Fenin. „Solche Spiele müssen wir gewinnen“, diktierte er nach dem 1:1 seines FC Energie Cottbus gegen Fortuna Düsseldorf den Journalisten in die Notizblöcke.
Dabei hatte gerade das Wort „müssen“ den jungen tschechischen Stürmer über Monate und Jahre in eine tragische Lebenssituation getrieben, die keiner ahnte: Druck, Ängste, Depressionen. Mit Rauschmitteln hatte Fenin dagegen angekämpft bis zu einem dramatischen Fenstersturz im Oktober 2011.
„Ich war ganz unten. Mit mir hat keiner mehr gerechnet außer meiner Familie“, sagte Fenin nun fünf Monate später. Am 19. März um 20.55 Uhr hat auf dem Rasen des Cottbuser Stadions der Freundschaft die zweite Karriere des Leistungssportlers Marin Fenin begonnen. Vater und Mutter Fenin erlebten den hochemotionalen Moment auf der Tribüne mit, als ihr Sohn im Zweitliga-Spiel des FC Energie gegen Fortuna nach 39 Minuten für den am Oberschenkel verletzten Dimitar Rangelow eingewechselt wurde. „Jetzt kann man sagen, dass es wieder geht und nicht nur ein Traum bleibt“, kommentierte Fenin leise seine Rückkehr.
Zeit zum Nachdenken war dem 24 Jahre alten Profi nicht geblieben. „Komm Martin, los“, habe ihm jemand auf der Cottbuser Bank zugerufen, erzählte der Angreifer später. „Es war vielleicht besser so.“ Denn natürlich sei die Anspannung größer, wenn man schon Stunden vorher wisse, dass man in der Startelf stehe, meinte Fenin. Was er ab jetzt eigentlich will, „ohne Druck, mit Spaß zu spielen“, scheint im harten Profigeschäft ein frommer Wunsch. „Ganz ohne Druck geht es nicht, ich habe auch Verantwortung für Mannschaft und Fans“, meinte Fenin.
„Hoffentlich werde ich noch stärker“, sagte der Mensch und Fußballer Fenin wohl auch deshalb. „Bisher ist alles optimal verlaufen. Ich habe viel verändert. Aber vorbei ist es noch nicht.“ Die Unterstützung in den vergangenen Wochen sei durch seine Familie, den Verein und die Fans „sehr, sehr groß“ gewesen. „Jetzt will ich zurückzahlen mit Toren und Leistung“, erklärte der Ex-Frankfurter.
„Man braucht als Spieler in dieser Phase Ziele“, sagte sein Trainer Rudi Bommer, der Fenin den Zeitpunkt des Comebacks selbst bestimmen ließ. „Er hat sich nahtlos eingefügt, war präsent“, lobte der Energie-Coach am Ende den Auftritt des Rückkehrers. Einige Minuten der Orientierung aber habe er doch gebraucht, berichtete Fenin: „Man guckt nach links, man guckt nach rechts. Das ist wohl so, wenn man zuvor meist nur Krankenhäuser gesehen hat.“
Doch das sei schnell anders geworden, „wenn man den ersten Ball gut annimmt und keine Fehler macht“. Für seinen Trainer war es normal, „dass er sich noch einfügen muss nach so langer Zeit. Du musst dich erst sortieren und orientieren. Das ist wie nach einer Verletzung.“ Bommer weiß natürlich um den Spagat, Fenin auf der einen Seite weiter ganz besonders beobachten, ihn aber auch ganz normal an Leistungen messen zu müssen. Ein Patentrezept gibt es nicht.
„Wir haben sehr viel miteinander gesprochen“, verriet der Trainer. Ein Stück mehr Normalität könnte schon Fenins Startelf-Einsatz im nächsten Spiel beim FC St. Pauli bringen. „Warum nicht? Ich werde abwarten, wie er sich fühlt und wie er trainiert“, sagte Bommer.