Hertha will Kontinuität, Union lebt sie

Berlin (dpa) - Wenn Hertha BSC im Stadtderby der 2. Fußball-Bundesliga den 1. FC Union Berlin empfängt, prallen zwei Welten aufeinander. Die „alte Dame“ stieg in den vergangenen drei Jahren zweimal ab- und einmal auf.

Kaum ein Trainer hielt sich länger als ein Jahr beim Hauptstadtclub.

Die „Eisernen“ hingegen leben das, was die Hertha sich nun mit Trainer Josh Luhukay erhofft:: Kontinuität. Die illustriert niemand besser als der Trainer Uwe Neuhaus. „Ich bin ein Anhänger von Kontinuität und damit ein Anhänger des Trainers geworden“, sagt Unions Präsident Dirk Zingler.

Im Sommer 2007 trat Neuhaus sein Amt An der Alten Försterei an. Nur der Bremer Thomas Schaaf steht als Trainer länger als der 53-Jährige bei einem deutschen Profiverein unter Vertrag. Neuhaus arbeitet nun schon in der sechsten Saison für Union und avancierte in dieser Zeit zum „Hauptmann von Köpenick“. Im selben Zeitraum verschlissen die Blau-Weißen neun Coaches. Union hielt stets an Neuhaus fest. Das zahlte sich aus: Mit ihm ging es bei den „Eisernen“ stetig bergan. 2009 stieg Union in die 2. Liga auf und landete anschließend auf den Plätzen zwölf, elf und sieben. Herthas Entwicklung in dieser Zeit glich einem Wellental: Mal ging die Kurve nach oben, mal nach unten. 2009 spielten die Herthaner noch um die Meisterschaft mit, ein Jahr später stiegen sie ab.

Die erfolgreiche Verbindung zwischen Neuhaus und Union liegt auch an dessen Herkunft. Der gelernte Schweißer aus dem Ruhrgebiet passt mit seiner unaufgeregten Art gut zum Club aus dem Berliner Osten, dessen Wurzeln im Schlossermilieu von Oberschöneweide liegen. „Ich fühle mich ausgesprochen wohl bei Union, und Berlin ist längst mein Lebensmittelpunkt geworden“, sagte Neuhaus, dessen Vertrag noch bis 2014 läuft. Neuhaus kann sich der Rückendeckung der Vereinsführung sicher sein - auch wenn es mal schlecht läuft.

Als Union mit einem Remis und vier Niederlagen in die laufende Spielzeit gestartet war, stellte sich der Präsident vor seinen Trainer. „Mein Vertrauen zu Uwe Neuhaus ist riesengroß“, sagte Zingler damals, „nur weil Spiele nicht gewonnen werden, sinkt das Vertrauen nicht.“ Derzeit rangiert Union auf Rang vier und zählt zu den Anwärtern auf den Relegationsplatz drei. Damit ist das vierte Derby bei den zweitplatzierten Herthanern erstmals ein Spitzenspiel.

Hertha BSC hofft mit Luhukay nun auf eine ähnliche Konstanz. Der 1,67 Meter kleine Mann mit dem schwarzen Schnauzbart hat den Absteiger nach einem holprigen Start schnell wieder auf Kurs gebracht. Wie schon mit Mönchengladbach (2008) und Augsburg (2011) schickt sich der Niederländer an, auch Hertha in die erste Liga zu führen. Ganz nebenbei half Luhukay, Michael Preetz aus der Schusslinie zu nehmen. Der Manager stand nach dem Abstieg und den Fehlgriffen Michael Skibbe und Otto Rehhagel stark in der Kritik. „Ich kann meinen Beruf in Berlin in einer fantastischen Umgebung ausüben. Ich genieße jeden Moment“, sagte der Niederländer der „Berliner Zeitung“.

Auf dem Trainingsplatz ist der oft schüchtern wirkende Holländer laut und temperamentvoll. Deshalb wurde er schon mal der „kleine General“ genannt. Sein Wort hat Gewicht, wie auch das von Neuhaus. Ob der General sein Macht jedoch solange ausüben kann wie der „Hauptmann von Köpenick“, ist bei einem Club wie Hertha BSC äußerst fraglich.