Im fremden Trikot: FSV-Profis und die weite Welt
Frankfurt/Main (dpa) - Knapp 13 Flugstunden sind es von Frankfurt nach Kambodscha. Direktflüge gibt es nur selten, man muss meist in Bangkok umsteigen. Fußballprofi Chhunly Pagenburg ist die Strecke in dieser Woche geflogen.
Der Stürmer vom Zweitligisten FSV Frankfurt nimmt die Strapazen gerne auf sich. Am kommenden Dienstag wird er im Trikot der kambodschanischen Nationalmannschaft auf dem Platz stehen. Bei 30 Grad und auf schlechtem Rasen. Und gegen eine Mannschaft, die hierzulande kaum einer kennt. „Vom Niveau her ist das etwa zwei Klassen schlechter als hier“, sagt Pagenburg.
Chhunly Pagenburg - der Vorname bedeutet „Glück im Frühling“ - ist in Deutschland geboren. Er wuchs in Nürnberg auf, das R rollt er fränkisch. Seine Mutter stammt aus Kambodscha. Er selbst hat die doppelte Staatsbürgerschaft. Die Landessprache Khmer versteht der 27-Jährige, aber das Sprechen fällt ihm schwer. Die Verständigung auf dem Platz klappt trotzdem irgendwie.
Vor drei Jahren recherchierte ein Reporter in Phnom Penh über Spieler, die kambodschanische Wurzeln haben und im Ausland spielen. Er stieß auf Pagenburg, rief ihn an und gab seine Telefonnummer an die Verantwortlichen an seinen nationalen Fußball-Verband weiter. Wenig später kam die Anfrage, aber es sollte noch einmal drei Jahre dauern, bis Pagenburg das Trikot der Mannschaft zum ersten Mal überstreifen konnte. Erst war er lange verletzt, dann spielte er in der Dritten Liga, die zu Länderspielen nicht pausiert. Erst als er nach Frankfurt wechselte, passte es. Dort ist der Stürmer in dieser Saison ohnehin nur Ersatzspieler.
Kambodscha liegt in der FIFA-Weltrangliste auf Platz 198, nur elf Teams kommen noch dahinter. Warum tut sich einer, der auch schon für die deutsche U-19- und U-20-Nationalmannschaft gespielt und mit dem 1. FC Nürnberg den DFB-Pokal gewonnen hat, sowas an? „Es ist eine tolle Erfahrung“, erklärt Papenburg. „Der Fußball ist dort erst im Kommen.“
Es ist ein Pendeln zwischen zwei Welten - auch für Joan Oumari. Pagenburgs Teamkollege beim FSV fand das aber zu anstrengend. Der 25-Jährige gab in diesem Jahr sein Debüt in Libanons Nationalmannschaft. Oumari ist in Berlin geboren, seine Familie stammt aus dem vorderasiatischen Land. Auch er hat die doppelte Staatsbürgerschaft. Mit dem Wechsel nach Frankfurt kam die erste Einladung, im September flog er nach Beirut.
Bei einem Freundschaftsspiel gegen Syrien wurde der Abwehrspieler in der 65. Minute eingewechselt. In der 85. Minute sah er die Rote Karte und wurde für das nächste Testspiel gegen Katar gesperrt. Da beließ er es ganz. „Vom Klima her war es schwierig. Ich habe am Anfang schwer Luft bekommen, wenn ich mich angestrengt habe. Es ist eine große körperliche Belastung“, sagt er. Dann in Frankfurt wieder ins Training reinzukommen, sei auch eine Umstellung.
Es sei in jedem Fall eine gute Erfahrung gewesen. Er sei nun dankbarer. „Im Libanon ist es nicht selbstverständlich, dass man etwas zu Essen hat. Hier ist es selbstverständlich, dass der Kühlschrank voll ist.“ Nun wolle er sich fußballerisch erstmal ganz auf den FSV konzentrieren. Komplett schließen möchte er das Kapitel Nationalmannschaft aber nicht: „Wer weiß, was die Zukunft bringt.“
Chhunly Pagenburg hingegen trifft am Dienstag mit seinen Teamkollegen auf die Mannschaft von Guam. Vielleicht wird er ein bisschen stolz sein, wenn er ins Stadion einläuft. Nur die kambodschanische Nationalhymne kann er noch nicht.