Jubiläumswelle im Osten: Beschluss der Sport-Führung war Auslöser
Berlin (dpa) - Den Auftakt zu den Jubiläumsfeiern im Fußball-Osten zelebrierten 23 000 Magdeburger mit einer riesigen blau-weißen Stadion-Choreographie schon vor dem Jahreswechsel.
In den kommenden Tagen folgen in mehreren Städten die Festlichkeiten aus Anlass der 50. Vereins-Jubiläen. Die Deutsche Presse-Agentur erklärt die Hintergründe, warum sich die Feiern häufen.
Frage: Warum gibt es im Januar so viele Jubiläen im Fußball-Osten?
Antwort: Das ist kein Zufall. Auf Beschluss der Sport-Führung der DDR von Ende 1965 sollte dem Fußball als Publikumssportart Nummer 1 eine Sonderstellung eingeräumt werden. Zehn Fußball-Sektionen wurden danach aus großen Sportvereinen herausgelöst und erhielten den Status als Fußball-Club. Ziel des Deutschen Fußball-Verbandes (DFV) war es, zu anderen Erfolgs-Sportarten aufzuschließen.
Frage: Was veränderte sich mit der Gründung der Fußball-Clubs?
Antwort: Grundsätzlich wurden damit in der DDR professionellere Bedingungen geschaffen. Dort, wo die Clubs gegründet wurden - in der Regel in den Bezirksstätten mit Ausnahme von Jena - war man froh über die neue Struktur. Jedem Club wurde ein Industriekombinat zugeordnet, das den Vereinen bessere finanzielle Möglichkeiten offerierte.
Frage: Warum entstand in Dresden kein Fußball-Club?
Antwort: In der Sachsen-Metropole existierten zum Zeitpunkt des Beschlusses zwei große Sportvereine: Die von der Polizei geförderte SG Dynamo und der SC Einheit. Lange war geplant, die besten Fußballer - wie in Leipzig - in einem Verein zusammenzuführen. Doch hinter den Kulissen entwickelte sich ein Tauziehen zwischen Stasi-Chef Erich Mielke, der den Dynamo-Verein nicht aufgeben wollte, und dem Dresdner SED-Chef Werner Krolikowski, der für einen zivilen Verein plädierte. Diese Patt-Situation dauerte mehr als eineinhalb Jahre an.
Frage: Wer entschied den Kampf um den Dresdner Top-Club?
Antwort: Der SC Einheit benannte sich am 6. Januar 1966 zur FSV Lok um, doch das Thema war damit nicht vom Tisch. Nach dem Oberliga-Abstieg der Dynamos fiel die politische Entscheidung über den Top-Verein der Stadt erst im Juli 1968: Die Partei-Leitung des Bezirkes entschied, Dynamo als „territoriales Leistungszentrum“ Dresdens zu entwickeln. Erstmals lief die Dynamo-Elf zum Auftakt der Saison 1968/69 in schwarz-gelben Trikots auf. Eine Umbenennung stand da nicht mehr zur Diskussion.
Frage: Welche Konsequenzen hatten die Club-Gründungen?
Antwort: Das Ergebnis war eine Zweiteilung der Oberliga. Seit 1966 gewannen ausschließlich die geförderten Clubs die Meisterschaft. Die wenigen Betriebssportgemeinschaften (BSG) wurden zu Punktlieferanten und spielten den Abstieg unter sich aus. Den DDR-Fußball brachten die Club-Gründungen aber voran. Acht Jahre später gelang dem 1. FC Magdeburg der einzige Europapokalsieg, die Nationalmannschaft qualifizierte sich für die WM 1974 und holte 1976 den Olympiasieg.
Frage: Warum wurden in Berlin gleich drei Fußball-Clubs gebildet?
Antwort: Die Vereine der Armee (ASK Vorwärts) und der Staatssicherheit (SC Dynamo) spielten bereits dauerhaft in der Oberliga und erhielten im Januar 1966 Club-Status (FC Vorwärts und BFC Dynamo). Doch die Bestrebungen waren groß, in der DDR-Hauptstadt auch einen zivilen Club zu schaffen. In einer Umfrage der „Berliner Zeitung“ entschieden die Leser über den Namen des Vereins, der aus dem TSC Berlin herausgelöst wurde. 475 Vorschläge wurden geäußert. Der Name 1. FC Union Berlin lehnte sich schließlich an die Tradition der Schlosserjungs aus Oberschöneweide an, die 1923 deutsche Vizemeister geworden waren.
Frage: Welche Besonderheit gab es bei Gründung des 1. FC Union?
Antwort: Der Verein aus dem Südosten Berlins war der einzige der zehn neu gegründeten Fußball-Clubs, der nicht in der höchsten Liga spielte. Erst fünf Monate nach der Club-Gründung am 20. Januar 1966 stieg der Verein in die Oberliga auf und erwarb sich in den kommenden Jahren den Ruf einer Fahrstuhlmannschaft.
Frage: Warum feiert auch Energie Cottbus das 50. Gründungs-Jubiläum?
Antwort: Ein Verlierer der Reform war Cottbus, das als Bezirksstadt keinen Club-Status erhielt. Während Leichtathleten, Radsportler und Turner im SC Cottbus verlieben, wurden die Fußballer aus dem Verein herausgelöst und in der BSG Energie neu organisiert. Der Name des am 30. Januar 1966 geschaffenen Vereins geht auf den Standort zurück, der aufgrund seiner Braunkohle-Tagebaue und Kraftwerke bis in die heutige Zeit wichtiger Energie-Produzent war. Die Umbenennung der BSG zum FC erfolgte 1990 erst nach dem Mauerfall.
Die zehn Fußballclubs der DDR, die besondere Förderung bekamen: