Janßen Nachfolger Lienens Wandel vom St.-Pauli-Coach zum Technischen Direktor
Hamburg (dpa) - Vom Kultcoach zum Supervisor: Ewald Lienen war nach Scherzen zumute, als er seinen Rückzug als Trainer des FC St. Pauli kommentierte.
„Mein Ziel ist, dass ich irgendwann einmal an der Außenministerkonferenz teilnehme“, sagte der neue Technische Direktor des norddeutschen Fußball-Zweitligisten mit breitem Grinsen bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Clubchef Oke Göttlich lachte mit und beeilte sich, erst gar nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, dass Lienen nach 43 Jahren als Profi und Trainer zu einer Art Frühstücksdirektor befördert wird. Im Gegenteil: „Mit Ewald Lienen als Technischem Direktor investieren wir in die sportliche Expertise und die Werte unseres Clubs“, betonte Göttlich.
Denn der FC St. Pauli sei und bleibe der etwas andere Verein. „Oft enden Trainertätigkeiten mit großen Ärgernissen und Rauswürfen, oft gehen Freundschaften zu Bruch. Beim FC St. Pauli aber schreiben wir die Erfolgs- und Liebesgeschichte mit Ewald Lienen weiter“, betonte der im Musikvertrieb tätige Unternehmer Göttlich. Allerdings wäre eine Trennung vom populären und bei den Pauli-Fans überaus beliebten Coach, der den Verein gerade zum zweiten Mal nach 2014/15 vor dem Absturz in die 3. Liga bewahrte, gar nicht zu vermitteln gewesen.
So geht die Ära Lienen bei den Braun-Weißen weiter - wenn auch in ganz anderer Form. Der 63-Jährige übergibt den Chefcoach-Posten an seinen bisherigen Assistenten Olaf Janßen, der bis 30. Juni 2019 an den Club gebunden ist. Lienen erhält ein neues Arbeitspapier bis zum 31. Dezember 2020. Und sieht sich als Supervisor in einer Funktion, „für die es einen Bedarf in diesem Verein“ gebe. Er habe Janßen „als meinen Nachfolger empfohlen und kann den Staffelstab guten Gewissens übergeben. Es fällt mir auch leicht, denn Olaf ist der Richtige“, betonte Lienen. „Und ich freue mich auf meine neuen Aufgaben.“
Lienens künftiges Aufgabengebiet als „Aushängeschild mit großer Reputation“ (Geschäftsführer Andreas Rettig) ist vielfältig, aus dem operativen Tagesgeschäft aber ist er raus. Der bisherige Erfolgscoach sei künftig für die Ausbildung der Nachwuchstrainer verantwortlich. Er soll Berater für Präsidium, Geschäftsführung und Trainer sowie Wertebotschafter sein und zudem die Sponsorenpflege intensivieren.
Vereinsboss Göttlich wies auch darauf hin, dass er Lienen eigentlich schon 2014 für diese Aufgabe gewinnen wollte. Der sei damals aber wegen der akuten Abstiegsgefahr als Retter eingesprungen. Göttlich: „Das war damals kurzfristig gedacht, wurde dann mit der zweimaligen Rettung aber zu einem Märchen, das der Fußball geschrieben hat.“
Unter Lienen und dem im Herbst 2016 als Assistent geholten Janßen hatte der Vorrunden-Tabellenletzte mit 34 Punkten die erfolgreichste Rückrunde der Clubgeschichte absolviert. In der Abschlusstabelle belegte der Kiezclub Rang sieben. „Ich werde mit dem Trainerteam und der Mannschaft alles daran setzen, um eine Zittersaison wie die letzte zu vermeiden“, sagte Ex-Profi Janßen, der bereits Teile des Trainings hauptverantwortlich übernommen hat. Lienen wird auch ihm als Tippgeber „jederzeit zur Verfügung stehen“, wie er betonte.
Nun ist nur noch eine Schlüsselpersonalie beim Kiezclub offen: die des Sportdirektors. Denn Interims-Sportchef Rettig hat angekündigt, er wolle künftig nur noch als Geschäftsführer des Vereins tätig sein.