Politik setzt Fußball nach Krawallen unter Druck
Frankfurt/Main (dpa) - Nach den Krawallen beim Bundesliga-Revierderby in Dortmund haben Politiker ein härteres Durchgreifen gefordert - derweil gibt es bei den Vereinen Widerstand gegen das neue Sicherheitskonzept.
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier als Vorsitzender der Innenministerkonferenz setzte die Deutsche Fußball Liga (DFL) bei ihren Beratungen in Frankfurt/Main unter Druck. „Die Ausschreitungen beim Spiel des BVB gegen Schalke 04 zeigen eindrucksvoll, dass die Zeit zum Handeln gekommen ist“, sagte der CDU-Politiker bei „Sport Bild Plus“.
Trotz der ausführlichen Gespräche im Sommer sei es offensichtlich nicht gelungen, die Gewalt in den Stadien einzudämmen, so Caffier. Die Randale vor dem Spiel Borussia Dortmund gegen Schalke 04 (1:2), die beide Clubs am Montag verurteilten, hatte sich allerdings außerhalb des Stadions abgespielt. Dabei wurden acht Beamte verletzt. Insgesamt 180 Gewalttäter kamen in Gewahrsam. „Die am Samstag gezeigte Form der Gewalt gegen Fans gegnerischer Mannschaften sowie auch gegen Polizeibeamte dürfen die Vereine und die Politik nicht länger hinnehmen“, sagte Caffier. „Geredet ist nun genug. Jetzt müssen Taten folgen. Das gilt auch für die Fußballverbände.“
In Frankfurt/Main tagte derweil die Sicherheitskommission der DFL. Die 36 Proficlubs hatten sich zum größten Teil kritisch über das 32-seitige Positionspapier „Sicheres Stadionerlebnis“ geäußert, das nach dem Sicherheitsgipfel in Berlin und der Innenministerkonferenz von DFL und DFB erarbeitet wurde. Verabschiedet werden sollen die Maßnahmen für die neue Saison bei der Vollversammlung am 12. Dezember. Noch ist zweifelhaft, ob der Zeitplan eingehalten werden kann.
Liga-Vizepräsident Peter Peters sagte nach dem Treffen in einer offiziellen Stellungnahme. „Grundsätzlich stellen wir fest, dass alle Clubs die Notwendigkeit sehen, sich mit dem Thema sicheres Stadion zu beschäftigen.“ Jetzt gehe es darum, die Hinweise der Clubs umzusetzen. Es gäbe „deutlich weniger Dissonanz“, als es die Kommentierungen in der Öffentlichkeit in den vergangenen Tagen haben glauben lassen.
Das Konzept bislang abgelehnt haben der VfL Wolfsburg, Hertha BSC, 1. FC Union Berlin, FC St. Pauli und Fortuna Düsseldorf. Viele Clubs wollen sich nicht in der Öffentlichkeit äußern, um nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen. Manche wie der FSV Mainz 05, 1899 Hoffenheim und der 1. FC Nürnberg haben um eine Fristverlängerung gebeten. 1860 München regte ein Arbeitstreffen an, an dem je ein Club- sowie ein Fan-Repräsentant teilnehmen soll.
Rigoros haben sich die Wolfsburger geäußert. Große Inhalte, so der Bundesligist in einer Pressemitteilung, seien „rechtlich bedenklich, unverhältnismäßig, praxisfern und damit nicht zielführend“. Wenn das Positionspapier ohne Dialog mit den Fans umgesetzt werde, „befürchten wir einen unbedingt zu vermeidenden Anstieg von Gewalt sowie ein stark vermehrtes Abbrennen von Pyrotechnik in den Bundesliga-Stadien.“ Bedenken äußerte auch der 1. FC Köln. „Bei allen positiven Ansätzen in dem Papier scheint uns der Fokus zu sehr auf Sanktionsmaßnahmen zu liegen und weniger auf den Dialogthemen“, heißt es in einer Erklärung des Zweitligisten.
„Wir waren in der Kommission vertreten. Deshalb können wir mit dem Entwurf sehr gut leben. Aber wenn dieser Entwurf abgelehnt wird und Verbesserungsvorschläge kommen, kann das nur gut sein. Es ist ja erst einmal nur ein Entwurf“, sagte Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Sein Kollege Wolfgang Holzhäuser von Bayer Leverkusen stellte fest: „Ich gehe nicht davon aus, dass uns die Kommission Bedingungen vorschreiben wird. Sie kann beispielsweise nicht sagen, dass wir Stadionverbote für fünf Jahre aussprechen sollen.“
Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) mahnte die Vereine zur Kooperation: „Verschiedene Proficlubs senden derzeit mit ihrer Skepsis gegenüber dem Sicherheitskonzept von DFB und DFL die falschen Signale an ihre Fans. Anstatt das Sicherheitskonzept kategorisch abzulehnen, sind die Verantwortlichen aufgerufen, konstruktive Vorschläge zu machen, um das Konzept weiter zu entwickeln und damit gemeinsam zum Erfolg zu führen.“
Caffier beklagte in der „Super-Illu“, dass der konsequente Ausschluss von gewaltbereiten Fans für viele Fußball-Verantwortliche immer noch kein Thema sei. Vereine und Verbände lehnten technische Möglichkeiten zur Gewaltprävention ab, etwa die Personalisierung von Eintrittskarten. „Erreichen wir in absehbarer Zeit über diese Punkte keinen Konsens, sehen wir als verantwortliche Innenminister und -senatoren keinen Grund mehr, auf eine Kostenerstattung für Polizeieinsätze in Stadien zu verzichten“, drohte der CDU-Politiker. Aufgrund der Mehreinnahmen durch die Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten seien DFB und DFL in der Lage, die Präventionskosten in der 1. bis 3. Liga selbst zu tragen.