Statt Verlängerung: St. Pauli trennt sich von Frontzeck
Hamburg (dpa) - Beim FC St. Pauli ist die heile Welt auf einen Schlag in Unordnung geraten.
Trotz des Mut machenden Saisonstarts mit Tabellenplatz acht und des erfolgreich eingeleiteten Umbruchs im Team gab der an sich auf Harmonie bedachte Zweitligist überraschend die sofortige Trennung von Trainer Michael Frontzeck bekannt. „Wir sahen uns zu dem drastischen Schritt gezwungen, da uns Frontzeck mit der Forderung einer sofortigen Vertragsverlängerung unter Druck gesetzt hat. Der FC St. Pauli wird aber nie einem Ultimatum nachgeben“, betonte Clubchef Stefan Orth bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz im Millerntor-Stadion. Frontzeck hatte einen Vertrag bis zum Sommer 2014.
In einer Nachtsitzung trafen das Präsidium und Sportdirektor Rachid Azzouzi die Entscheidung zur Beurlaubung „einstimmig“ (Orth). Und konfrontierten den selbst überraschten Coach am Morgen damit. Der verteidigte seinen Vorstoß als „legitim“ und äußerte Unverständnis. „Das hat wenig mit Druck zu tun. Nach 14 Monaten enger Zusammenarbeit sollte ein Verein in der Lage sein, eine Entscheidung zu treffen“, sagte der 49-Jährige. Er hatte am 3. Oktober 2012 den Posten von André Schubert übernommen, dann mit dem Kiez-Club den Klassenverbleib geschafft und im Sommer den Umbruch in Angriff genommen.
„Der Klassenverbleib war zu großen Teilen Michaels Verdienst. Wir waren auch jetzt auf einem wirklich guten Weg. Aber der Trainer hat auch uns überrascht“, so Azzouzi. Frontzeck räumte „unterschiedliche Ansichten über die grundsätzliche Ausrichtung“ ein. Zudem sei der sogenannte „Fahrplan“, der Vertragsverhandlungen in der Winterpause vorsieht, nicht wie dargestellt mit ihm abgestimmt worden sei. „Der Zeitpunkt für die Gespräche wurde mir mitgeteilt“, betonte der Coach.
„Er hat gesagt, wenn wir jetzt nicht verlängern, dann macht er hier im Sommer nicht weiter. Da wollten wir einen klaren Schnitt“, begründete Azzouzi die konsequente Entscheidung. Offenbar wollte man nicht denselben Fehler machen wie bei Vorgänger Schubert, mit dem die Zusammenarbeit trotz erheblicher Meinungsverschiedenheiten und Bedenken erst verlängert wurde, ehe man sich kurz drauf doch trennte.
Dass es Differenzen zwischen Coach und Clubführung gegeben habe, bestreiten alle Beteiligten, auch Frontzeck. Allerdings gerieten Orth und er zumindest einmal öffentlich aneinander: Vor dem Auftaktspiel gegen 1860 München (1:0) kündigte der Clubchef einen klaren Sieg an - und wurde von Frontzeck gerüffelt. Orth: „Das haben wir ausgeräumt.“
Als Frontzecks Nachfolger wird bereits dessen Vor-Vorgänger Holger Stanislawski gehandelt. Der Ur-St.-Paulianer war in mehreren Funktionen fast 20 Jahre für den Kiez-Club tätig und ist derzeit arbeitslos. „Ich bitte um Verständnis, dass wir zu Namen nichts sagen. Wir müssen das jetzt erst mal sacken lassen“, sagte Azzouzi. Gegen Cottbus am Montag trägt Co-Trainer Roland Vrabec die Verantwortung, anschließend ist auch in Liga 2 Länderspiel-Pause.