Verurteilter Koc dankbar für zweite Chance

Chemnitz (dpa) - Vom offenen Vollzug direkt in den Strafraum. Süleyman Koc vom SV Babelsberg versprühte nach dem 0:1 seines Teams beim Chemnitzer FC Zuversicht. Dabei hätte der Mittelfeldspieler allen Grund gehabt, den Kopf hängen zu lassen.

Bei der Auftaktpleite wurde der 23-jährige Koc nach 52 Minuten ausgewechselt. „Natürlich schmerzt die Niederlage. Aber ich bin so glücklich, dass ich wieder Fußball spielen darf. Jede Minute auf dem Platz habe ich genossen“, sagte der Fußballer, der in den vergangenen Monaten mehr Amtsräume der deutschen Justiz als Trainingsplätze gesehen hatte.

Koc erhielt als Mitglied einer Bande, die in Berlin einige Spielcasinos überfiel, eine Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Da er die Strafe im offenen Vollzug verbüßen darf und bei den Babelsbergern als zweite Chance einen neuen Einjahresvertrag erhielt, stand am Samstag für den Deutsch-Türken endlich wieder der Fußball im Mittelpunkt. Mental habe er keinerlei Probleme gehabt, sich auf seine Aufgabe auf dem Rasen zu konzentrieren. „Ich bin voll und ganz auf Fußball eingestellt und lasse mich auch durch nichts ablenken“, versicherte Koc, dass er mit den Ereignissen der Vergangenheit abgeschlossen hat.

Unübersehbar war jedoch, dass er mit konditionellen Problemen zu kämpfen hat. „Derzeit sehe ich mich körperlich bei 75 bis 80 Prozent meiner Leistungsfähigkeit angekommen“, schätzte er selbstkritisch ein. Trotzdem zählte er in der ersten Halbzeit zu den besten Akteuren der Gäste. Koc war auf dem Platz präsent, kurbelte immer wieder das Spiel an. „Ich sollte vor allem die ersten 30 Minuten richtig Dampf machen“, verriet Koc die Vorgaben von Trainer Christian Benbennek. Der neue Coach auf der Babelsberger Bank bescheinigte seinem Schützling einen ambitionierten Auftritt. „Ich wollte Süleyman unbedingt dabei haben. Er hat die Erwartungen in Chemnitz erfüllt“, analysierte Benbennek.

Dass die Auswechslung wegen der bestehenden physischen Defizite erfolgte, war zuvor abgesprochen. „Nun gilt es, in den kommenden Tagen weiter hart zu arbeiten. Jetzt müssen wir am zweiten Spieltag zu Hause eben Darmstadt wegputzen. Ich möchte dann wieder von Beginn an dabei sein“, sagte Koc, der in Moabit aufgewachsen ist. Wenn er auf seine alten, falschen Freunde trifft, geht er einfach grüßend vorbei. Er habe sich jetzt voll im Griff. Zudem wurde ihm eine positive Sozialprognose bescheinigt. Der Verein ist sich seiner Verantwortung bewusst und lässt sich von dem Bundesvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft deutscher Bewährungshelfer, Holger Gebert, beraten. Immerhin wäre es ein Musterbeispiel der sozialen Rehabilitierung mit Hilfe der integrativen Kraft des Fußballs.