Abschied von Schweinsteiger - große Bühne gegen Finnland
Düsseldorf (dpa) - Für Bastian Schweinsteiger ignoriert Joachim Löw sogar die DFB-Regularien. Wenn der scheidende Kapitän im Test gegen Finnland am Mittwoch (20.45 Uhr) ein letztes Mal die deutsche Fußball-Nationalmannschaft auf das Feld führt, soll die Bühne in Mönchengladbach nur ihm gehören.
Der Weltmeister bekommt von Löw ein Abschiedsspiel geschenkt, das es für verdiente Nationalspieler seit Jahren eigentlich nicht mehr gibt. „Es war für mich eine Ehrensache“, berichtete Löw in Düsseldorf von dieser Verabredung mit Schweinsteiger beim sommerlichen Rücktritts-Telefonat.
„Der DFB hat mal entschieden, keine separaten Abschiedsspiele mehr zu machen. Ich habe gesagt, es wäre schön, sie in einem Testspiel zu verabschieden, dass sie nochmal auflaufen“, sagte Löw über Schweinsteiger und auch Lukas Podolski, der wegen einer Verletzung aber erst im März 2017 sein separates Bye-Bye-Spiel bekommen wird. Solche Personalentscheidungen trifft Löw einfach selbst, jenseits aller Verbandsstatuten.
Schweinsteiger steht bei seinem 121. Länderspiel also allein auf der Abschiedsbühne im Borussia-Park. Und Löws größte Sorge ist, dass der Rahmen für seinen bei Manchester United von Trainer José Mourinho eiskalt aussortierten Anführer nicht angemessen sein könnte. „Es wäre schade für Bastian Schweinsteiger, wenn das Stadion nicht ausverkauft wäre“, sagte der DFB-Chefcoach angesichts von erst rund 20 000 verkauften Tickets für den Länderspielauftakt nach der Sommerpause.
Auch die Nachfolgefrage für die schwarz-rot-goldene Binde hat Löw auf Donnerstag verlegt, wenn Schweinsteigers DFB-Karriere auch offiziell vorbei ist. „Es ist klar, einem werde ich die Binde geben“, sagte Löw. Aber: „Am Mittwoch wird Bastian der Kapitän sein.“ Einen Tag später als die Ex-Kollegen reist Schweinsteiger erst am Dienstag ins DFB-Quartier nach Düsseldorf an.
Der Abschied von Schweinsteiger und Podolski ist auch für Löw eine Zäsur. Sie sind die einzigen verbliebenen Akteure, die länger zum Kreis der Nationalmannschaft gehören als der Bundestrainer selbst. Sie sind auch die Mustertypen für Löws Stil der flachen Hierarchien: einflussreich, aber nicht machtbesessen.
Als Löw 2004 von Jürgen Klinsmann zum Co-Trainer gemacht wurde, hatten beide als freches Jungspund-Duo Schweini & Poldi schon eine EM gespielt. „Ich habe beide Spieler seit zwölf Jahren begleitet“, sagte Löw. „Beide werden uns menschlich fehlen. Sie haben die Nationalmannschaft geprägt und das Größtmögliche erreicht.“
Der Weltmeister-Titel steht in der Vita. Im Gegensatz zu Philipp Lahm, Miroslav Klose und Per Mertesacker, die nach dem Triumph von Rio auch kein Abschiedsspiel mehr wollten, blieben Schweinsteiger und Podolski noch für den EM-Zyklus, in dem sie im Ringen um Form und Fitness nur noch selten spielten und der mit dem Halbfinal-Aus gegen Frankreich (0:2) auch noch bitter endete.
Den richtigen Moment für ihren Rücktritt haben Schweinsteiger und Podolski dennoch gut gewählt. Daran lässt auch Löw keinen Zweifel. „Für beide ist es ein sehr guter Zeitpunkt gewesen“, sagte der Bundestrainer und scheint darüber auch erleichtert. Womöglich hätte er den treuen Weggefährten sonst selber sagen müssen, dass die Zeit in der Nationalmannschaft für sie vorbei ist.