Auffallend kritisch: Matthias Ginter und die Gehälter im Fußball
Berlin. Irgendwie sind diese Nationalspieler ein wenig anders als die anderen. Spieler, die Kritik äußern, wenn es ihnen angebracht erscheint. Mats Hummels und Jerome Boateng vom FC Bayern zählen zu dieser Sorte.
Und auch Matthias Ginter von Borussia Mönchengladbach. Der gelangte zuletzt in die Schlagzeilen durch seine Kritik an den zu hohen Spielergehältern im Profifußball. Und diese Kritik hat er im Kreis der Nationalmannschaft nochmals engagiert erneuert.
„Ich habe die Kritik geäußert, aber ich bin nicht der Einzige, der das so sieht. Die Gehälter und die Ablösesummen im Profifußball sind nicht mehr greifbar. Mehr habe ich nicht gesagt. Und ich habe die Befürchtung, dass diese Entwicklung im Profifußball noch nicht am Ende ist. Ich bin auch für 17 Millionen Euro von Borussia Dortmund zu Borussia Mönchengladbach gewechselt, aber ich bin doch nicht 17 Millionen Euro wert“, sagt Ginter und lacht. Einen Tag vor dem Spiel gegen Brasilien im Olympiastadion.
Vielleicht hängt es ja mit seiner Vergangenheit zusammen. 2012 absolvierte er seine ersten Spiele für den SC Freiburg. Dort haben sie schon immer ihre Meinung gesagt. Das ist von Trainer Christian Streich stets gefördert worden. Und auch Bundestrainer Joachim Löw hat eine große Vorliebe für kritische Nationalspieler. „Die Spieler machen sich Gedanken, nicht nur über den Fußball, sie haben eine Meinung und äußern sie, daran kann ich nichts Schlimmes finden“; sagt Löw.
Über Borussia Dortmund kam Ginter zur Borussia in Mönchengladbach. Ginter stand bereits im Aufgebot der Nationalmannschaft, als sie in Rio de Janeiro Weltmeister wurde, blieb aber ohne Einsatz. Im Olympiaturnier zwei Jahre später absolvierte er alle Spiele bis auf eines und auch beim Confed Cup im Vorjahr zählte er zu den gewinnbringenden Akteuren. Ginter sagt nur: „Wenn ich an Brasilien denke, an die Weltmeisterschaft und Olympia, empfinde ich tiefe Dankbarkeit.“ Ihm ist aber ein Dorn im Auge, wie viel Fußballprofis im Vergleich zu anderen Berufsgruppen verdienen. Da bestehe kein Verhältnis mehr: „Wir sind abgeschottet vom Rest der Gesellschaft.“
„Gegen Brasilien“ sagt Ginter „das ist mehr als nur ein normales Spiel, das Spiel hat eine Vergangenheit, bei der Weltmeisterschaft, bei Olympia, für Brasilien ist das Spiel noch bedeutungsvoller als für uns“.
Ginter ist 24 Jahre alt, einer, der sich Gedanken macht, einer, der den Fußball liebt, aber eben auch einer, der sieht, dass es noch etwas anderes auf dieser Welt gibt als Fußball. „Ich finde es gut, die Sachen klar anzusprechen“, sagt Ginter in Berlin. Im Fußball versucht er sich allein durch Leistung zu definieren: „Ich habe das Gefühl, dass ich mich bei der Nationalmannschaft im Kreis überragender Fußballer weiter entwickeln kann.“
Einer, der nicht viel Aufhebens um sich macht. Und deshalb positiv auffällt. In Zeiten, da sich Profis auch eine Meinung über Dinge zutrauen, die nicht nur mit dem Fußball zu tun haben, ist Matthias Ginter ein Protagonist.