Bayer-Torjäger Kießling: „Mache mir noch Gedanken“

Leverkusen (dpa) - Für Stefan Kießling ist noch nicht alles wieder gut. Die Trennung von seiner „großen Liebe“ Bayer Leverkusen bleibt für ihn ein Thema.

Foto: dpa

„Ehrlich gesagt, wird man das sehen. Ich habe mir meine Gedanken gemacht und werde mir noch meine Gedanken machen“, sagte der 31-jährige Torjäger nach seiner famosen Leistung beim 5:0 (1:0) im Bundesliga-Westderby gegen Borussia Mönchengladbach. „Ich werde mit den Verantwortlichen reden und zu einer Lösung kommen.“

Ausgerechnet der in dieser Saison oft auf die Reservebank verbannte Kießling - er stand nach sieben Wochen erstmals in der Startelf - hat den Fußball-Werksclub und Cheftrainer Roger Schmidt aus der Krise geschossen. Zwei Tore köpfte der Ex-Nationalstürmer (30./66.) selbst, zwei der drei von Sturmpartner Javier „Chicharito“ Hernandéz (63./75./76.) erzielten Treffer bereitete er vor. „Ich fühle mich gerade ziemlich glücklich“, sagte der von den Fans gefeierte Publikumsliebling, der mit nun 138 Toren auf Platz 16 der ewigen Torjägerliste der Bundesliga liegt.

Die Kränkung, von Schmidt zum Ergänzungsspieler degradiert worden zu sein, sitzt jedoch tief und hat das Verhältnis zum Coach nachhaltig getrübt. „Jeder weiß, was ich kann und was ich abrufen kann“, meinte Kießling mit einem Seitenhieb auf Schmidt, der voll auf Neuzugang „Chicharito“ setzte und eine Doppelspitze der beiden nicht förderlich fand. „Heute hat es geklappt“, sagte Kießling schnippisch. Gab es da Zweifel? „Von mir nicht“, ergänzte er. Und dass er nach seinem Treffer am ersten Spieltag 773 torlose Minuten bis zu den Toren zwei und drei am 16. Spieltag warten musste, habe am Mangel an Möglichkeiten gelegen. „Ich habe die Dinger ja nicht verballert.“

Selbst Cheftrainer Schmidt kam nach dem Gala-Auftritt von Kießling nicht darum herum, ihn zu loben. „Er hat sich in absoluter Bestform präsentiert“, sagte er und stellte weitere Einsätze der Doppelspitze in Aussicht: „Was funktioniert, sollten wir auf den Platz bringen. Das kann auch große Zukunft haben.“

Bisher setzte er auf „Chicharito“, der sich als außergewöhnlicher Alleinunterhalter im Sturm erwies: 17 Tore in 20 Pflichtspielen, inklusive seines Dreierpacks gegen Gladbach, und davon zehn Treffer in 13 Liga-Begegnungen sind die großartige Bilanz des mexikanischen Neuzugangs. Dies reichte aber nicht für Leverkusen, um in der Champions League zu bleiben und bisher in der nationalen Spitze erfolgreich mitzukicken.

Die Wechselabsichten von Kießling, der seit 2006 bei Bayer 04 spielt und noch eine Vertrag bis 2017 hat, sieht Schmidt entspannt. „Die Entscheidung ist noch nicht gefallen. So wie er heute gespielt hat, können wir nicht auf ihn verzichten. Das ist doch klar“, erklärte er. Dies sieht auch Vereinsboss Michael Schade so, der dem Kölner „Express“ klipp und klar sagte: „Wir werden Stefan Kießling nicht abgeben — und das hat nichts mit seiner Gala gegen Gladbach zu tun.“

Für Rudi Völler ist es überhaupt keine Frage, dass die Leverkusener Identifikationsfigur den Club verlässt. „Wenn man oft nicht gespielt hat, gibt es eine gewisse Unzufriedenheit und auch Anfragen von anderen Clubs“, sagte der Bayer-Sportdirektor. „Das ist eben so, wenn man Stefan Kießling heißt. Er weiß aber, was er an uns hat.“ Deshalb mache er sich da keine Gedanken. „Man hat ja gesehen, dass es passieren kann, dass er wieder öfter spielt.“

Bayer hat dank Kießling die Torflaute und Krise beendet, ist aber nicht aus dem Schneider. Unter der Woche müssen die Leverkusener bei der Spielvereinigung Unterhaching um den Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals kämpfen und am kommenden Spieltag in Ingolstadt um die letzten Punkte vor der Winterpause. „Wir müssen die Spiele für uns so gestalten, damit die Hypothek für die Rückrunde nicht so groß ist“, so Schmidt.

Auch Kollegen André Schubert hofft nach dem 0:5-Abschuss und dem Ende seiner Erfolgsserie von zuvor zehn Liga-Spielen ohne Niederlage, nicht auch im Pokal bei Werder Bremen und im letzten Heimspiel vor Weihnachten gegen Darmstadt 98 unter die Räder zu geraten. „Wir haben eine gute Serie gespielt, aber man merkt, die Kräfte lassen so langsam nach“, befand Schubert. Nicht dramatisch fand Sportdirektor Max Eberl die deftige Klatsche: „Wir sind nicht vom anderen Planeten und glauben auch nicht, alles in den Boden spielen zu können.“