Befreiungsschlag im Derby?
Die Gladbacher wollen am Samstag beim 1. FC Köln jegliches Krisengerede vom Tisch wischen.
Mönchengladbach. Schlusslicht, Schießbude der Liga, seit einer gefühlten Ewigkeit sieglos - wohl noch nie war die sportliche Situation des Fußball-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach in der Ära von Cheftrainer Michael Frontzeck so prekär wie in diesen Tagen. Der VfL benötigt einen Befreiungsschlag, ein Ausrufezeichen, das neue Kräfte mobilisiert und Zuversicht verbreitet. Da trifft es sich gut, dass am Samstag (15.30 Uhr) die 77. Auflage des Evergreens Köln gegen Gladbach auf dem Spielplan steht.
Denn der "Effzeh" ist wohl der letzte verbliebene Klub in der Bundesliga, der im eigenen Stadion gegen die einst ruhmreichen Fohlen partout kein Bein auf den Boden bekommt. Von 38 Duellen beim Erzrivalen aus Köln haben die Gladbacher bislang satte 20 gewonnen - und nur neun verloren. Die Domstadt ist für die Borussia also das ideale Pflaster, um mit dem ersehnten Paukenschlag das Krisengerede vorerst vom Tisch zu wischen.
"Ich kann ehrlich nicht sagen, warum das so ist, dass die Kölner gegen uns immer solche Probleme haben. Ich habe da keine Erklärung für", sagt Rainer Bonhof. Dabei hatte Borussias Vizepräsident während seiner aktiven Zeit die Trikots beider Klubs getragen. "Diese ganze Statistik spielt aber auch gar keine Rolle. Wichtig ist, dass unsere Spieler das umsetzen, was der Trainer ihnen mit auf den Weg gibt. Man hat ja gesehen, zu was unsere Mannschaft fähig ist, wenn sie kompakt und als geschlossene Einheit auftritt."
Und damit die Borussen ihre Stärken im Derby bei den ebenfalls tief im Abstiegsschlamassel steckenden Kölnern abrufen können, sollen sie laut Trainer Frontzeck vor allem eins tun: "Die Nerven behalten", sagt der 46-Jährige, "nur so kann man den Plan, den man sich vorgenommen hat, umsetzen. Das wird ein heißer Tanz, das ganze Stadion wird die Kölner Spieler anpeitschen."
Frontzeck, dem Sportdirektor Max Eberl gerade erst eine Jobgarantie erteilt hat, weiß das auch: "Wir müssen Geduld mitbringen und dürfen uns nicht den Schneid abkaufen lassen. Das ist das dünne Eis, auf dem man sich in diesen Derbys bewegt." Darum setzt Frontzeck im Hexenkessel Müngersdorf vor allem auf routinierte Profis, weshalb Abräumer Thorben Marx nach abgebrummter Gelb-Sperre statt des jungen Roman Neustädter in der Startelf stehen wird. Für den verletzten Sebastian Schachten rückt Kapitän Filip Daems auf die linke Seite, das Abwehrzentrum soll Roel Brouwers stabilisieren. "Das wird ein extremes Spiel", sagt Rückkehrer Marx, "es gibt zwar auch in Köln nur drei Punkte, aber drei ganz, ganz wichtige."
Ob Stürmer Raul Bobadilla aufläuft, ließ der Borussen-Trainer offen. Vom 23 Jahre alten Argentinier verlangt Frontzeck, den "zweiten Schritt zu tun". "Körperlich war er noch nie so gut drauf wie jetzt. Er bringt alles mit, sich in der Bundesliga durchzusetzen. Es bleiben aber auch Schwächen", sagt der Chefcoach. "Boba" müsse leichter in den Gedanken werden, sich nicht permanent unter Druck setzen, ein Tor erzielen zu wollen. Die Vorliebe des bulligen Stürmers, sich gegen mehrere Gegner durchsetzen zu wollen, hält Frontzeck zum einen für einen Vorteil, zum anderen für eine Schwäche, wenn er dabei die Mitspieler vergisst.